Von Jewgeni Krutikow
Am 8. August soll in Washington ein Dreiertreffen zwischen Donald Trump, dem armenischen Premierminister Nikol Paschinjan und dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew stattfinden. Für den Südkaukasus ist dies ein außergewöhnliches Ereignis, und umso erstaunlicher ist es, wie unterschiedlich darüber in Baku und Jerewan berichtet wurde. Während die aserbaidschanischen Medien Alijews Besuch in Washington lautstark ankündigten, schwiegen die armenischen Medien schamhaft zu diesem Thema.
Dabei befindet sich Nikol Paschinjan derzeit offiziell im Urlaub, was offenbar als Vorwand für eine lange vorbereitete Reise nach Washington diente. Die Armenier erfuhren von den Plänen ihres "im Urlaub befindlichen" Premierministers nicht aus erster Hand, sondern aus Informationen, die von aserbaidschanischen – also im Grunde genommen für Armenien feindlichen – Quellen aktiv verbreitet wurden.
Paschinjans Stab vermied bis zuletzt in jeder Hinsicht, auf Anfragen der Medien zur bevorstehenden Reise des Premierministers in die USA zu antworten. Dies ist ein unangenehmes, aber für die Armenier deutliches Signal: Politiker und erst recht Staatschefs verhalten sich normalerweise so, wenn sie etwas vorbereiten, das für ihr eigenes Volk und ihren Staat äußerst heikel ist.
Der Gegenstand des Treffens und der Verhandlungen wurde bisher noch nicht offiziell bekannt gegeben. Aus Indiskretionen geht lediglich hervor, dass es um den Abschluss eines "möglichen Friedensabkommens zwischen Aserbaidschan und Armenien" geht. Zuvor wurde angenommen, dass der Preis für dieses Abkommen faktisch der Verzicht Armeniens auf die Souveränität über den sogenannten Sangesur-Korridor sein würde.
So wird der Streifen der armenischen Region Sjunik genannt, den Aserbaidschan für die Verbindung seines Hauptgebiets mit der Exklave Nachitschewan öffnen will. Und da – wiederum, wenn man den Indiskretionen Glauben schenkt – dieser Korridor von einem US-amerikanischen privaten Militärunternehmen kontrolliert werden soll und er selbst "Trump-Brücke" heißen wird, fügt sich das Puzzle sozusagen zusammen.
Wenn all diese Vermutungen zutreffen, wird der US-Präsident auf seinem eigenen Territorium dem Präsidenten Aserbaidschans helfen, den armenischen Premierminister unter Druck zu setzen. Nach der Übergabe des von Jerewan selbst nicht anerkannten Bergkarabach und der Übergabe umstrittener Grenzdörfer wird Paschinjan nun also einen weiteren Schritt vor Aserbaidschan zurücktreten – er wird die armenische Souveränität über das bereits unumstrittene armenische Gebiet aufgeben.
Die Interessen Trumps sind in einer solchen Situation einfach und verständlich. Der US-Präsident liebt bekanntlich schnelle Entscheidungen. Es ist nicht mehr notwendig, sich mit Friedensstiftung zu befassen, das heißt mit komplexen multilateralen Verhandlungen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Interessen und Nuancen.
In diesem Fall hat Aserbaidschan mit zwei Militäroperationen gegen Bergkarabach die notwendigen Voraussetzungen geschaffen und benötigt nur noch eine kleine, aber gewichtige politische Unterstützung. Aserbaidschan hat diese Unterstützung in Europa nicht erhalten, wohl aber vonseiten des Herrn des Weißen Hauses. Indem er sich für Alijew einsetzt, wird Trump sein politisches Ego billig befriedigen, eine neue Bestätigung seines Status als angeblicher "Friedensstifter" erhalten und einen weiteren Grund für den Friedensnobelpreis haben.
Alijew wiederum erhält nicht nur Zugang zu Nachitschewan – Aserbaidschan erhält einen ungehinderten Weg in die Türkei (auch für Militärgüter) und ein neues Druckmittel gegen Armenien. Und vor allem eine wichtige Ressource für die Umsetzung des Projekts "West-Aserbaidschan" (so wird das Gebiet um Jerewan seit kurzem in Baku genannt), das faktisch die Vorbereitung der Annexion des anerkannten armenischen Territoriums bedeuten wird.
Und was wird Nikol Paschinjan dafür bekommen? Vielleicht wurden Paschinjan und seiner Familie im Gegenzug für diesen Deal persönliche Sicherheitsgarantien versprochen? Eine Evakuierung in die Vereinigten Staaten im Falle politischer Unruhen in Armenien? Und vor allem – was wird Armenien selbst davon haben?
Armenien wird eine nationale Katastrophe erleben. Der Verlust der faktischen Kontrolle über die südlichste Region des Landes wird Armenien zu einer Marionette seines historischen Hauptgegners – der Türkei – machen. Der Sangesur-Korridor wird zu einer Schlinge um den Hals des armenischen Staates werden und ihn von Iran abschneiden. Und da die Türkei Mitglied der NATO ist, wird die Macht dieses Militärbündnisses de facto gegen die Armenier und Armenien gerichtet sein. Im Falle einer abgestimmten türkisch-aserbaidschanischen Aggression werden weder indische Waffen noch die politische Unterstützung durch Paris Armenien retten können – insbesondere angesichts des bevorstehenden Austritts Jerewans aus dem Verteidigungsbündnis OVKS.
Zweifellos wird die Unterzeichnung des Abkommens in Washington in den Pro-Paschinjan-Medien und in den Äußerungen von Experten als "großer Schritt in Richtung Frieden" dargestellt werden, und das Memorandum als Erfolg Jerewans im Rahmen des Konzepts der "Neuformierung" Armeniens, das Nikol Paschinjan nach der Niederlage im Karabach-Krieg vorantreibt.
Paschinjans Thesen laufen darauf hinaus, dass Armenien die "Bedrohungen" durch seine Nachbarn "minimieren", das heißt maximale Zugeständnisse für zukünftigen "Frieden und Wohlstand" machen muss. In der Praxis rechnet er damit, dass diese Parolen des Friedens und des Wohlstands in der armenischen Gesellschaft zumindest für einen sehr kurzen Zeitraum funktionieren werden: bis zu den bevorstehenden Parlamentswahlen, die für Paschinjan und seine Partei "Bürgervertrag" von Bedeutung sind. Offenbar reist er in die Vereinigten Staaten, um diese Wahlen zu gewinnen – und um faktisch vor Aserbaidschan zu kapitulieren.
Trump wird dies wie üblich als seinen Sieg und als Sieg beider verfeindeter Staaten des Südkaukasus verkünden. Der "Sieg" Armeniens und Paschinjans wird zweifellos auch von allen westlich kontrollierten Medien verkündet werden, aber auf dem Boden werden die Armenier nur eine echte Kapitulation vorfinden.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen in der Zeitung "Wsgljad" am 7. August 2025.
Jewgeni Krutikow ist Journalist, Militäranalytiker und Kaukasus-Experte.
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