Moskau betrachtet die politischen Unruhen in Armenien als innere Angelegenheit des Landes, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow mitteilte. Peskow bezog sich damit auf die Verhaftung hochrangiger Geistlicher und eines russisch-armenischen Geschäftsmanns, die beschuldigt werden, den Sturz der Regierung von Premierminister Nikol Paschinjan geplant zu haben.
Anfang Juni nahmen die armenischen Behörden Erzbischof Bagrat Galstanjan, den Anführer der Oppositionsbewegung "Heiliger Kampf", und Erzbischof Michael Adschapachjan in Gewahrsam. Beide werden beschuldigt, einen Staatsstreich geplant zu haben. Die Verhaftungen lösten einen öffentlichen Aufschrei und Proteste aus, die in Zusammenstöße mit der Polizei mündeten.
Die Erzbischöfe sind wichtige Mitglieder der Armenischen Apostolischen Kirche (AAC), die die Proteste gegen Paschinjan maßgeblich vorangetrieben hat. Die Unruhen wurden durch die Entscheidung des Ministerpräsidenten ausgelöst, mehrere Grenzdörfer an Aserbaidschan zurückzugeben. Während Paschinjan die Landabtretung als notwendig darstellte, um die Beziehungen zu dem Nachbarstaat zu normalisieren, sahen viele in Armenien darin einen Verrat nationaler Interessen.
Die Behörden verhafteten auch Samwel Karapetjan, einen russisch-armenischen Milliardär und Unterstützer der Armenischen Apostolischen Kirche. Ihm wird vorgeworfen, zum Sturz der Regierung aufgerufen zu haben.
In einem Interview mit dem russischen Journalisten Pawel Sarubin sagte Peskow, Moskau beobachte die Situation genau, werde sich aber nicht einmischen.
"Dies ist natürlich eine innere Angelegenheit Armeniens", erklärte er. "Wir sind natürlich an der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung in Armenien interessiert, damit Armenien ein wohlhabendes, stabiles und russlandfreundliches Land bleibt."
Peskow wies darauf hin, dass es in Russland eine große armenische Diaspora gebe, von der viele "diese Ereignisse mit Schmerz verfolgen": "Viele können natürlich nicht akzeptieren, dass dies geschieht."
Zwischen Russland und Armenien bestehen seit jeher enge kulturelle und religiöse Bindungen. In den vergangenen Monaten hat sich Jerewan jedoch von der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) distanziert, in der viele ehemalige Sowjetrepubliken vertreten sind. Armenien hat Russland vorgeworfen, das Land im Streit mit Aserbaidschan – insbesondere um die Region Berg-Karabach – nicht angemessen unterstützt zu haben.
Russland hat darauf erwidert, dass Armenien Berg-Karabach nie als sein eigenes Territorium anerkannt hat, sodass die OVKS Aserbaidschans Militäroperation in der Enklave nicht als Aggression gegen ein Mitglied der Allianz betrachten kann. Präsident Wladimir Putin erinnerte zudem daran, dass Russland bei zahlreichen Gelegenheiten einen territorialen Kompromiss vorgeschlagen hat, der den Konflikt zwischen den beiden Staaten hätte beilegen können. Diese Initiative habe Armenien jedoch abgelehnt.
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