Orbán: Hauptbedrohung für Europa ist Verlust der Wettbewerbsfähigkeit

Während der Großteil der westlichen Staaten Russland für die größte Bedrohung hält, kümmert sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán während des NATO-Gipfels in Den Haag um ein anderes Problem. Der Politiker warnt Europa vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit.

Im Zusammenhang mit dem andauernden Ukraine-Krieg hat die NATO eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben vereinbart. Bei dem Gipfel der Allianz in Den Haag verpflichteten sich die Bündnispartner, spätestens ab dem Jahr 2035 jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Sicherheit zu investieren. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz sagte, dass sich die Bedrohungslage geändert habe. Nun heiße die Bedrohung "insbesondere Russland".

Demgegenüber wies Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán die Warnungen seiner europäischen Kollegen vor der Gefahr eines russischen Angriffs auf das westliche Militärbündnis bis zum Ende dieses Jahrzehnts zurück. Der Politiker sagte explizit:

"Ich glaube, Russland ist nicht stark genug, um eine echte Bedrohung für uns darzustellen. Wir sind weitaus stärker."

Als Hauptbedrohung für Europa bezeichnete Orbán dagegen den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Rest der Welt. Die echte Gefahr sei nicht die Sicherheit, sondern die Wirtschaft, betonte der Regierungschef.

Auf die Frage, ob er damit zufrieden sei, dass sich der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij bei diesem NATO-Gipfel bedeckt gehalten habe, antwortete Orbán, dass die Allianz nichts mit der Ukraine zu tun habe. Die Ukraine sei kein Mitglied des Militärbündnisses. Seine Aufgabe bestehe jetzt darin, dass dies auch weiterhin so bleibe, betonte der Politiker.

Am Dienstag hatte Selenskij den Wunsch seines Landes bekräftigt, der NATO beizutreten. Es sei sehr wichtig, dass diese Richtung nicht geändert werde, sagte der ukrainische Machthaber bei einem Treffen mit dem NATO-Generalsekretär Mark Rutte in Bezug auf den vor einem Jahr festgelegten "unumkehrbaren Weg" der Ukraine in die Allianz. Rutte versicherte Selenskij, die Gipfelerklärung von Den Haag werde "bedeutende" Formulierungen zur Unterstützung von Kiew enthalten. Zudem warb der ukrainische Präsident um Investitionen der NATO-Staaten in den Ausbau der Rüstungsindustrie des osteuropäischen Landes.

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