Sinnlose Schikane: Verkehrschaos an der polnisch-weißrussischen Grenze

Wer nach Russland reisen muss, um Verwandte zu besuchen oder in anderer als einer als humanitär anerkannten Angelegenheit, muss seit 2022 oft umsteigen, lange Fahrzeiten in Bussen oder Pkw, Wartezeiten an Grenzübergängen und allerlei Schikanen über sich ergehen lassen. Das gab es nicht einmal in Zeiten des Kalten Krieges.

Kurz vor Ostern hat sich das ohnehin permanente Verkehrschaos an dem einzigen noch betriebenen Grenzübergang zwischen Polen und Weißrussland Berichten von Reisenden zufolge nochmals verschärft. Sogar Linienbusse, die sonst relativ flüssig an dem Dauerstau von Privatfahrzeugen, die in Richtung Osten warten, vorbeiziehen, können ihre Fahrpläne wegen langer Wartezeiten aktuell nicht einhalten. 

Linienbusse in Richtung Brest und Minsk haben aktuell bis zu zwölf Stunden Wartezeit vor dem polnischen Grenzkontrollpunkt Terespol. Ein Reisebus der Linie Warschau – Minsk, der fahrplanmäßig um elf Uhr Ortszeit in Minsk eintreffen sollte, konnte erst um 18 Uhr MEZ (eine Stunde Zeitunterschied) in den Kontrollpunkt einfahren und wird sein Ziel nun nicht vor Mitternacht erreichen. 

Reisende in Privatfahrzeugen berichten von bis zu 20 Stunden Wartezeit und mehrstündigen Kontrollen.

Seit die EU im Frühjahr 2022 alle direkten Flug- und Zugverbindungen nach Weißrussland und Russland kappte, bleibt Reisenden aus Deutschland nur die Fahrt mit dem Privatauto oder einem Linienbus über den genannten Grenzkontrollpunkt Terespol oder einen weiteren, der an das russische Kaliningrad angrenzt. Alle anderen Grenzübergänge wurden von Polen außer Betrieb genommen. Alternativ müssen abenteuerliche Flugverbindungen über die Türkei mit mehr als 24 Stunden Reisedauer und hohen Kosten in Anspruch genommen werden.

In Deutschland leben mehrere Millionen Menschen mit persönlichen Bindungen und entsprechenden Reisebedürfnissen in eines der beiden sanktionierten Länder. 

Die Verkehrsblockade ist präzedenzlos in der Weltgeschichte: Selbst in den angespanntesten Zeiten des Kalten Krieges fuhr der "Ost-West-Express" genannte Zug Moskau – Paris ungehindert und täglich. Auch das Sanktionieren nationaler Fluggesellschaften ist damals niemandem in den Sinn gekommen, weshalb es stets tägliche Flugverbindungen über alle Länder- und Systemgrenzen gegeben hat. Was Deutschland, Polen und die EU nun mit der Schikane eigener Bürger mit unaufschiebbaren Reisebedürfnissen zu erreichen gedenken, versteht bis heute niemand: Putin würde nicht mit einem Zug von Berlin nach Moskau fahren, und mehr als kostendeckend war der Bahnbetrieb ohnehin nie. 

Mehr zum ThemaChaos an den europäischen Grenzen: Von Leipzig nach Moskau im Auto – Teil 1

Radfahrer im Gegenverkehr und Kirchen, die wachsen: Von Leipzig nach Moskau im Auto – Teil 2