Von Astrid Sigena
Mitte Januar hatte sich Boris Pistorius stolz mit dem ukrainischen Botschafter Alexei Makejew vor der neuartigen Waffe ablichten lassen. Die Radhaubitze des Typs RCH 155 war so neu, dass selbst die Bundeswehr noch keine dieser Waffen im Bestand hat. Insgesamt 54 Stück davon sollten der Ukraine für ihren Kampf gegen Russland zur Verfügung gestellt werden. In den deutschen Medien wurde sie als die "modernste Radhaubitze der Welt" gefeiert.
Dem russophoben BILD-Journalisten Julian Röpcke war die symbolische Übergabe der ersten Haubitze sogar einen eigenen Tweet auf X wert, als er schrieb, dass "jeder in Kursk oder dem Donbass zerstörte russische Panzer ist einer weniger, der auf deutsche Soldaten schießen kann" (RT DE berichtete). Der Rüstungskonzern KNDS (der Produzent der Haubitzen) könne durch den Einsatz im Ukrainekrieg wertvolle Daten für die weitere Entwicklung gewinnen. Und tatsächlich hat man jetzt anscheinend erste Erfahrungen mit dem Einsatz dieser Waffe gemacht, aber wohl anders, als sich das Röpcke, Pistorius und Co. vorgestellt haben.
Denn am vergangenen Sonntag, dem 2. März, konnte das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation einen wichtigen Erfolg vermelden. Im gewohnt trockenen Wortlaut des Ministeriums hieß es: "Fünf Artilleriegeschütze wurden zerstört, darunter eine selbstfahrende 155-mm-Artillerieeinheit RCH 155 aus deutscher Produktion …"
Der russische Deutschlandkenner und Militärexperte Timofei Borissow kommentierte dazu süffisant: "Die Musik hat nicht lange gespielt …" Des Weiteren erläuterte Borissow die besondere Bedeutung dieses Abschusses: Es sei der russischen Armee gelungen, die einzige Radhaubitze dieses Typs zu zerstören, die die Deutschen Kiew bisher geliefert hätten. Kiew sei der erste Kunde dieser Selbstfahrlafette gewesen, noch vor der Bundeswehr. Die Konstruktion der RCH 155 habe als unverwundbar gegolten, da sie aus der Bewegung heraus schießen konnte. Borissow zufolge sei aber gerade dieser Hauptvorteil der Haubitze zum Verhängnis geworden, sodass sie zum leichten Opfer russischer Drohnen geworden sei (Drohnen hält Borissow als Abschusswaffe für am plausibelsten). "Und so stelle ich mir das Bild vor: Ein riesiges Fahrzeug fährt durch offenes Gelände und schießt dabei auch noch, was es perfekt verrät."
Dass es den russischen Streitkräften gelungen sei, dieses einzige Exemplar der von den Deutschen gelieferten Radhaubitze binnen weniger Wochen auf einer fast 2000 Kilometer langen Front aufzuspüren und zu zerstören, sei – so Borissow – eine außergewöhnliche Leistung. Borissows Fazit: Die nächste "Wunderwaffe" wurde eliminiert.
In den deutschsprachigen Medien schweigt man über die Zerstörung der RCH 155 – oder tut sie als voreilige russische Propagandameldung ab, da das entsprechende Modell noch gar nicht an die Ukraine geliefert worden sei, so das österreichische Portal futurezone.at. Im Nebel des Krieges kann man nur schwer beurteilen, wer recht hat. In den kommenden Wochen wird sich die Wahrheit hoffentlich herausstellen. Sollte die Meldung mit dem Abschuss der Radhaubitze korrekt sein, wären das jedenfalls beunruhigende Nachrichten für die Bundeswehr.
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