Anna Skorochod, eine Abgeordnete der Werchowna Rada, gibt bekannt, sie erhalte kollektive Ansprachen von ukrainischen Soldaten mit Beschwerden über Erpressung durch deren Befehlshaber.
In einem Interview an den Youtube-Kanal der ukrainischen online-Politikzeitschrift Obosrewatel (Der Beobachter) berichtet die Parlamentarierin als Beispiel über einen Appell von Soldaten einer dieser Brigaden. Darin beklagen die ukrainischen Soldaten, man zwinge sie, ihre Kampfeinsatzzahlungen in Höhe von 30.000 bis 70.000 Griwna (690 bis rund 1.600 Euro zum aktuellen Wechselkurs) abzugeben. Damit nicht genug: Darüber hinaus werde von ihnen Geld für den Bedarf der Kampfeinheit erpresst – angeblich für die Reparatur von Fahrzeugen. Skorochod zitiert:
"Das Kommando verwendet illegal materielle Ressourcen für seine eigenen Interessen. Sie veruntreuen die Besoldung, die an die Soldaten gehen sollte, und sie manipulieren die Auszahlung von Kampfzulagen und Prämien."
Anschließend antwortet Skorochod auf die Frage des Moderators, wie weit verbreitet dieses Phänomen sei, folgendes:
"Naja, bis heute habe ich 18 solcher Brigaden registriert. Ich habe den SBU informiert, das Verteidigungsministerium. Kern des Problems ist, dass unser Strafverfolgungssystem nicht funktioniert, der Soldat ist schutzlos."
Im selben Interview teilt die Rada-Abgeordnete ferner mit, dass Soldaten neuerdings häufig Aufnäher tragen, deren Inhalt sie mit "Bussifiziert durch das Wehramt" wiedergibt. Der Begriff "Bussifikation" ist ein Verweis auf die brachialen Methoden der Wehramtsmitarbeiter beim "Anwerben" von "Freiwilligen" für den Kriegsdienst, wenn die Rekruten in den Straßen eingefangen und meist in Kleinbussen (daher das Wort) weggebracht werden. Es sei mittlerweile ein Mem geworden, so Skorochod.
Laut Myslowo, einem Online-Wörterbuch für ukrainische Sprache und Slang ist "Bussifikation" das Wort des Jahres 2024.
Zuvor hatten ukrainische Medien Materialien über die Erpressungen von Soldaten der ukrainischen Streitkräfte durch ihre Kommandeure veröffentlicht, die in einigen Fällen zum Tod der Soldaten führten. So berichtete die Zeitung Strana.ua Anfang Januar 2025, dass der Kommandeur eines Bataillons der ukrainischen Streitkräfte einen Untergebenen erschossen habe, weil dieser ihm die für seinen Aufenthalt im Kampfgebiet zustehende Zulage nicht abgeben wollte. Dem Blatt zufolge ereignete sich der Mord in der 56. Brigade, die in Kramatorsk im von Kiew besetzten Teil der Donezker Volksrepublik disloziert ist.
Videomaterial aus, wie es heißt, der ukrainischen 93. Brigade ging im Februar auf TikTok viral. In Beiträgen ist zu sehen, wie ein Kommandeur Untergebene für eine Nichtzahlung verprügelt.
Im Dezember 2024 kam es zu einem schweren Skandal, nachdem bekannt wurde, dass in der 211. Pontonbrückenbrigade der ukrainischen Streitkräfte Soldaten, die sich weigerten, auf alle ihre Frontzulagen zu verzichten, gefoltert und geschlagen wurden, was zu Knochenbrüchen und Verletzungen innerer Organe führte.
Skorochod berichtete damals, dass sie von Soldaten dieser Brigade zwei bis drei Anfragen pro Tag erhalten habe, in denen es um Kommandeure ukrainischer Streitkräfte ging, die von ihren Untergebenen Geld verlangt und ihnen gedroht hätten, sie an die Front zu schicken, wenn sie nicht zahlten. Gleichzeitig sei ihrer Aussage nach kein einziger Gesetzentwurf zum Schutz der Soldaten angenommen worden, der von der Untersuchungskommission der Rada vorgeschlagen worden sei.
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