Der ukrainische Staatschef Wladimir Selenskij würde mit großem Abstand gegen seinen ehemaligen Oberbefehlshaber Waleri Saluschny verlieren, wenn heute in der Ukraine Wahlen abgehalten würden. Das berichtet The Economist unter Berufung auf interne Umfragen.
Selenskijs fünfjährige Amtszeit als Präsident lief im Mai 2024 ab, und er hat sich seitdem unter Berufung auf das Kriegsrecht geweigert, Wahlen abzuhalten. Ende letzten Monats erklärte der russische Präsident Wladimir Putin, dass Selenskij nicht mehr über die erforderliche Legitimität verfüge, um offizielle Abkommen zu unterzeichnen.
In einem Artikel vom Mittwoch schrieb The Economist:
"Viele Ukrainer sind eindeutig frustriert von ihrem Kriegsführer."
Den in dem Bericht zitierten Daten zufolge würde Selenskij "eine künftige Wahl mit 30 bis 65 Prozent gegen Waleri Saluschny verlieren", sollte der ehemalige Kommandeur für das Amt kandidieren. Saluschny ist derzeit Botschafter der Ukraine in Großbritannien.
Der Economist behauptete weiter, dass Selenskijs Vertrauenswerte im letzten Monat auf einen Tiefstand von 52 Prozent gesunken seien, ganz im Gegensatz zu den 90 Prozent Popularität, die er angeblich in den ersten Tagen des Konflikts im Jahr 2022 genoss.
Am Donnerstag zitierte das ukrainische Medienmagazin Strana.ua, das als regierungsfeindlich gilt und von den Behörden unter Druck gesetzt wurde, eine kürzlich vom Meinungsforschungsinstitut SOCIS durchgeführte Umfrage, der zufolge nur 15,9 Prozent der Befragten für Selenskij stimmen würden, während Saluschny von 27,2 Prozent der Befragten unterstützt werde.
Die Frage nach Selenskijs Beliebtheit im eigenen Land wurde von US-Präsident Donald Trump am Dienstag aufgeworfen, als er Reportern mitteilte, dass der "Führer in der Ukraine (...) eine Zustimmungsrate von nur 4 Prozent hat." Er fügte hinzu, dass die Forderung nach Neuwahlen "keine Sache Russlands" sei, sondern "etwas, das von mir kommt und auch von vielen anderen Ländern."
Als Reaktion auf die Behauptung des US-Präsidenten deutete Selenskij am Mittwoch an, dass Trump auf "russische Desinformation" hereingefallen sei. Er zitierte auch eine Umfrage des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie (KMIS) vom Januar, wonach 57 Prozent der Ukrainer ihm vertrauten.
Die Äußerungen des ukrainischen Staatschefs kamen bei Trump offenbar nicht gut an: Er bezeichnete Selenskij in einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social daraufhin als "Diktator ohne Wahlen". Der US-Präsident wiederholte seine Behauptung, dass Selenskij "in den ukrainischen Umfragen sehr schlecht abschneidet", und schlussfolgerte, dass er "besser schnell handeln sollte, oder er wird kein Land mehr haben."
In seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Samstag sagte der ukrainische Staatschef, er sei "bereit, über Wahlen zu sprechen, [aber] die Ukrainer wollen das nicht." Er deutete an, dass die Abhaltung einer Abstimmung inmitten des Konflikts mit Moskau die nationale Einheit untergraben würde.
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