"Friedenstruppen": Selenskij fordert 200.000 Soldaten, Europa kann nicht einmal 40.000 entsenden 

Kiew fordert mindestens 200.000 "Friedenssoldaten", die einen möglichen Waffenstillstand sichern sollen. Nach Angaben der New York Times wären selbst 40.000 eine schwere Aufgabe für Europa. Außerdem hat Moskau die Initiative scharf kritisiert.

Die Aussicht auf mögliche Waffenstillstandsverhandlungen hat die Debatte unter Kiews westlichen Verbündeten über den Einsatz von "Friedenstruppen" beschleunigt. Das Ziel dieser Mission wäre es, europäische Soldaten im Rahmen der "Friedenstruppen" zur Friedenssicherung und zur Überwachung eines Waffenstillstands einzusetzen.

Sollte es zu einer Einigung kommen, werde Trump wahrscheinlich Europa auffordern, diese Initiative umzusetzen und die Verantwortung für die Ukraine zu übernehmen, um Washingtons Beteiligung zu verringern, schreibt die Zeitung New York Times.

Es stellt sich die Frage nach der Anzahl der "Friedenskräfte". Ende Januar hatte der ukrainische Machthaber Wladimir Selenskij auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Notwendigkeit von mindestens 200.000 europäischen "Friedenssoldaten" betont, um die Souveränität der Ukraine nach einem möglichen Waffenstillstand mit Russland zu gewährleisten. "200.000 ist das Minimum. Es ist das Minimum, sonst ist es sinnlos", erklärte er.

Einige europäische Länder, darunter die Staaten des Baltikums sowie Frankreich und Großbritannien, haben die Möglichkeit angesprochen, einige ihrer eigenen Einheiten zu entsenden. Hochrangige deutsche Beamte haben diese Idee als verfrüht bezeichnet.

Solange die Ukraine kein NATO-Mitglied ist – was auf Jahre hinaus unwahrscheinlich erscheint –, betrachten viele Beamte und Analysten die Stationierung zahlreicher europäischer NATO-Truppen als leichtsinnig, berichtet die Zeitung. Ohne die Beteiligung der USA an einer solchen Operation wären die europäischen Truppen in der Ukraine durch Russland gefährdet, weil die USA die Unterstützung in solchen Bereichen wie Luftabdeckung, Luftabwehr und Aufklärung nicht sicherstellen werden. Am Dienstag erklärte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, dass Washington nicht beabsichtige, Soldaten zu entsenden, und dass Trump sich gegen den Einsatz von US-Truppen in der Ukraine ausgesprochen habe.

Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hat angedeutet, dass er zu Gesprächen über ein Abkommen zur Beendigung des Krieges bereit sei, wenn seine Verbündeten Sicherheitsgarantien gewährleisten würden. Allerdings sei die von Selenskij geforderte Anzahl der Soldaten fast dreimal so groß wie die gesamte britische Armee, sodass Analysten eine Umsetzung dessen als nahezu unmöglich erachten.

Die europäischen Länder würden nicht in der Lage sein, die von Selenskij erwarteten 200.000 Soldaten zu entsenden, schreibt die Zeitung unter Berufung auf einen hohen europäischen Beamten. Wie es heißt, könnte Europa nicht einmal 40.000 Mann bereitstellen, weil es selbst nicht über genügend Soldaten verfüge und die Verteidigungsausgaben erhöhen müsse. Und eine derartige Anzahl würde wahrscheinlich nicht ausreichen, um eine Abschreckung gegen Russland zu gewährleisten, schreibt die Zeitung. Die Abschreckungstruppen benötigten in der Regel über 100.000 Soldaten für regelmäßige Rotationen und Notfälle.

Außerdem müsse jeder Einsatz auf dem Boden von den USA unterstützt werden, insbesondere wenn es um die zweitgrößte Atommacht der Welt, Russland, gehe. Andernfalls wären die "Friedenstruppen" für Russlands Bemühungen, die politische und militärische Glaubwürdigkeit der NATO zu untergraben, anfällig, schreibt das Blatt.

Aus diesem Grund habe Polen, das an die Ukraine grenzt, die Beteiligung an einer Truppenentsendung bisher abgelehnt. Denn die polnische Regierung sei sich im Klaren, dass Washington an einem solchen Vorschlag beteiligt sein müsse, berichtet die Zeitung mit Bezugnahme auf Experten. Deswegen möchte Warschau abwarten, was Trump tun werde, und fordert vom US-Präsidenten Garantien, dass die USA die Europäer an der Front unterstützen würden.

Zudem sei es unwahrscheinlich, dass Russland in irgendeinem Abkommen der Stationierung von NATO-Truppen oder Truppen aus NATO-Ländern in der Ukraine zustimmen würde, selbst wenn diese angeblich zur Ausbildung ukrainischer Soldaten dienen würden. Das russische Außenministerium hat bereits erklärt, dass durch die Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine der Konflikt "unkontrolliert zu eskalieren" drohe, was für Russland "kategorisch inakzeptabel" sei.

Mehr zum Thema – El País: EU besorgt über mögliche direkte Vereinbarung zwischen Putin und Trump