Scholz brüllt, Duda fordert: Polen und Deutschland streiten um eingefrorenes russisches Vermögen

Polen fordert, der Ukraine das eingefrorene russische Vermögen zur Verfügung zu stellen. Scholz reagiert empört und warnt vor den Folgen. Polen ist kein Mitglied des Euro-Systems, Deutschland hat indes keine eigene Währung mehr. Ein Vertrauensverlust in den Euro hätte für die Bundesrepublik gravierende Folgen.

Zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Polens Präsident Andrej Duda kam es zum offenen Konflikt, berichtet die Financial Times. Scholz habe empört auf die Forderung Dudas reagiert, das in der EU eingefrorene russische Vermögen der Ukraine zur Verfügung zu stellen. 

"Sie verstehen offenbar nicht, welche Auswirkungen das auf die Finanzmärkte haben wird", soll Scholz Duda angebrüllt haben. Andere anwesende Staatschef seien angesichts der harschen Reaktion von Scholz erschrocken, berichtet die Zeitung. "Polen verwendet noch nicht einmal den Euro", habe Scholz demnach hinzugefügt. 

Den Vorschlag, das eingefrorenen russische Vermögen von 260 Milliarden Euro an die Ukraine zu überweisen wird von den USA, Großbritannien und Polen unterstützt. All diese Länder verwenden nicht den Euro, sie wären nicht unmittelbar von den Auswirkungen eines Euro-Verfalls betroffen.

Nachdem der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble im Rahmen der Griechenlandkrise den Euro zum Machtinstrument gemacht und Griechenland im Gegenzug für Kredite einen drakonischen Sparkurs aufgezwungen hat, haben Polen und Ungarn ihre Pläne aufgegeben, dem Euro beizutreten. Der Fall zeigt deutlich, dass die Politisierung einer Währung zu Vertrauensverlust führt.

Deutschland als Euro-Mitgliedsland verfügt über keine eigene Währung mehr. Die Bundesrepublik hat ihre Währungssouveränität im Jahr 1999 mit dem Beitritt zum Euro-System aufgegeben. 

Bereits am 17. Dezember berichtete Bloomberg, die EU wolle die möglichen Folgen der Beschlagnahmung des russischen Vermögens juristisch und im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Finanzmärkte untersuchen lassen. Die in Belgien ansässige Clearingstelle Euroclear, wo sich der größte Teil des eingefrorenen russischen Vermögens befindet, hat bereits erklärt, keine Verantwortung für die Folgen einer Beschlagnahmung zu übernehmen, falls sich die Politik zu diesem Schritt entschließen sollte. 

Die G7-Staaten haben bereits grünes Licht für einen Kredit in Höhe von 50 Milliarden Dollar an die Ukraine gegeben. Die Schulden sollen aus den Zinserträgen der eingefrorenen russischen Mittel getilgt werden. Nach bisheriger Rechtsauffassung sind auch die Zinserträge Eigentum Russlands. 

Moskau hat bereits angekündigt, auf jede Maßnahme spiegelbildlich antworten zu wollen. 

Für den Fall einer tatsächlichen Beschlagnahmung ist mit einem massiven Vertrauensverlust in den Euro und einer Flucht der Anleger aus der Währung zu rechnen. Das Vertrauen in die Stabilität einer Währung wird durch deren Politisierung schwer erschüttert. 

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