"Sicherheit, Europa!" – Polen übernimmt EU-Ratsvorsitz

Die nächsten sechs Monate können für Warschau eine echte Herausforderung sein. Polen wird gleich nach Ungarn den Ratsvorsitz inmitten des Ukraine-Kriegs übernehmen. Außerdem fällt Polens EU-Ratspräsidentschaft mit dem Amtsantritt von Donald Trump zusammen.

Warschau bereitet sich aktiv auf die EU-Ratspräsidentschaft vor. "Sicherheit, Europa!" lautet das Motto für den EU-Ratsvorsitz, den Polen am 1. Januar 2025 von Ungarn übernimmt. Während der sechsmonatigen Präsidentschaft will man sich für Sicherheit und Verteidigung einsetzen.

Anfang Juli hatte Ungarn die rotierende Ratspräsidentschaft in der EU übernommen. In den vergangenen Jahren war Budapest den EU-Vertretern jedoch ein Dorn im Auge. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán war das größte Hindernis für den Beitrittsprozess der Ukraine. Außerdem hat die ungarische Regierung wiederholt Entscheidungen über Russland-Sanktionen verzögert. In EU-Kreisen wurde sogar über einen möglichen Entzug der Ratspräsidentschaft diskutiert.

Der Beginn von Polens Vorsitz überschneidet sich zeitlich mit der Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar. Innerhalb der EU wächst die Besorgnis, dass Trump während seiner zweiten Präsidentschaft die Ukraine-Hilfe reduzieren könnte und die EU die Lasten der militärischen und finanziellen Unterstützung an Kiew alleine tragen muss.

Außerdem findet Polens EU-Ratspräsidentschaft vor dem Hintergrund des militärischen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine statt. Nach fast drei Jahren Krieg seien sowohl die EU-Bürger als auch Regierungen mehrerer EU-Staaten zunehmend kriegsmüde, schreibt die Zeitung Kommersant. Milliardenschwere Hilfe an Kiew, die die finanziellen Mittel und militärischen Vorräte der EU erschöpfe, habe dazu beigetragen, so das Blatt.

Warschau will einen starken Fokus auf Energie, Verteidigung und wirtschaftliche Sicherheit setzen, betonte die polnische EU-Botschafterin Agnieszka Bartol. "Was wollen die Menschen? Wonach suchen die Menschen? Sie suchen Sicherheit, und das wird das größte Motiv der Präsidentschaft sein: Sicherheit in all ihren möglichen Dimensionen", sagte sie vergangene Woche bei einer Veranstaltung des European Policy Centre, einer Denkfabrik mit Sitz in Brüssel. "Wir wollen uns auf Sicherheit in sieben Dimensionen konzentrieren: extern, intern, Information, Wirtschaft, Energie, Ernährung und Gesundheit", erklärte Polens Finanzminister Andrzej Domański vergangene Woche im Wortlaut.

In dieser Hinsicht weist Kommersant darauf hin, dass Polen seine Vorschläge und Ideen zum Schutz der EU-Grenzen und zur Stärkung der Verteidigungsindustrie des Blocks der EU vorlegen müsse. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Militärausgaben der EU-Staaten auf rekordhohe 279 Milliarden Euro.

Nach jahrelanger Unterfinanzierung der Verteidigungsindustrie benötige die EU zusätzliche Mittel, um in neue Projekte wie den europäischen Luftschutzschild zu investieren, so Kommersant.

Für Verteidigungsausgaben brauche die EU im nächsten Jahrzehnt zusätzliche 500 Milliarden Euro, um nicht hinter den USA und China zurückzubleiben, heißt es in dem Bericht "Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit", den Mario Draghi, der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, im September vorgestellt hatte. Polen müsse die EU-Länder davon überzeugen, bei Verteidigung nicht zu sparen, schreibt das Blatt.

Außerdem stehe auf der Liste der Aufgaben die Vorbereitung eines neuen Sanktionspakets gegen Moskau bis Februar, betont Kommersant. Im Gegensatz zu Ungarn, dessen Regierungschef Viktor Orbán sich wiederholt gegen die Russland-Sanktionen ausgesprochen hat, hat der polnische Ministerpräsident Donald Tusk die Ukraine-Hilfe und die restriktiven Maßnahmen gegen Russland befürwortet.

Nach Kriegsbeginn hat die EU der Ukraine das Recht erteilt, ihre Waren zollfrei in die EU einzuführen. Dies führte zu Massenprotesten der europäischen Landwirte wegen der billigen ukrainischen Agrarprodukte auf dem EU-Markt. Anfang Juni, wenn Polens EU-Ratsvorsitz endet, laufen diese besonderen Handelsmaßnahmen gegenüber der Ukraine aus. In dieser Hinsicht sei es die polnische Regierung, die das Problem der eigenen wirtschaftlichen Interessen und der weiteren Unterstützung der Ukraine lösen müsse, schreibt Kommersant.

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