Der ukrainische Außenminister Andrei Sibiga hat die NATO-Partner in einem Schreiben dazu aufgefordert, Kiew bereits in der kommenden Woche offiziell in die westliche Verteidigungsallianz einzuladen. Sein Brief, der Reuters vorliegt, richtet sich an die Außenminister der Mitgliedstaaten, die sich am 3. und 4. Dezember in Brüssel treffen werden.
Sibiga betonte, dass die Zeit für eine Einladung jetzt reif sei – auch wenn der Ukraine bewusst sei, dass ein tatsächlicher Beitritt erst nach Kriegsende möglich ist. Eine Einladung wäre ein klares Signal an den Kreml.
Sibiga appellierte an die NATO-Staaten, die Einladung an Kiew als eines der zentralen Ergebnisse des Brüsseler Treffens zu verabschieden:
"Ich fordere Sie auf, diese Entscheidung zu unterstützen, um der Ukraine die Perspektive einer Mitgliedschaft in der Allianz zu eröffnen."
Die Ukraine und die NATO – ein schwieriger Balanceakt
Bereits im Oktober hatte Wladimir Selenskij seinen "Plan für den Sieg" vorgestellt, in dem eine Einladung zur NATO als ein wesentlicher Bestandteil genannt wurde. Selenskij unterstrich, dass eine Mitgliedschaft zwar erst nach Kriegsende realistisch sei, eine Einladung jedoch ein entscheidender Schritt sei, um die Position der Ukraine zu stärken.
Auf dem NATO-Gipfel im litauischen Vilnius im Juli 2023 hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärt, dass die Ukraine der Allianz beitreten wird, sobald die Alliierten zustimmen würden und bestimmte Bedingungen erfüllt seien. Der Prozess für einen Beitritt wurde durch den Verzicht auf den bisher obligatorischen Aktionsplan (MAP) vereinfacht. Doch trotz dieser Schritte fehlt bis heute eine formelle Einladung oder ein verbindlicher Zeitplan.
Innerhalb der NATO bleibt das Thema umstritten. Während Länder wie Polen und die baltischen Staaten einen schnellen Beitritt der Ukraine unterstützen, zeigen sich vor allem westliche Staaten wie Deutschland, Frankreich und die USA zurückhaltend. Die Sorge vor einer direkten militärischen Konfrontation mit Russland prägt weiterhin die Debatte.
Für die Ukraine wäre eine Einladung zum NATO-Beitritt mehr als nur ein symbolischer Schritt. Sie würde nicht nur die Widerstandsfähigkeit des Landes stärken, sondern auch die Entschlossenheit und Geschlossenheit der westlichen Allianz demonstrieren.
Ob die NATO-Außenminister Sibigas Forderung nachkommen werden, bleibt abzuwarten. Doch die Diskussion zeigt, wie tiefgreifend der Krieg in der Ukraine die strategischen Überlegungen innerhalb der Allianz verändert hat. Klar ist, dass jede Entscheidung über die NATO-Integration der Ukraine weitreichende geopolitische Konsequenzen nach sich ziehen wird – nicht nur für die Ukraine, sondern für die gesamte Sicherheitsordnung Europas.
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