Klein, aber unbeirrt – Polen rüstet weiter auf

Wenn sogar die noch amtierende Ampelregierung darauf besteht, dass bis Ende der 2020er gefälligst Kriegstüchtigkeit gegen Russland herrschen soll, darf es auch aus Polen nicht an Nachrichten fehlen. Der Weg beider Staaten scheint in eine ähnliche Richtung zu führen.

Von Elem Chintsky

Laut offiziellen Meldungen bereitet sich die polnische Republik immer mehr auf den militärischen Ernstfall vor. Am vergangenen Donnerstag kündigte der Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz an, dass Drohnentruppen der neuesten Art schon ab Anfang 2025 – mit der Perspektive einer massenhaften Nachschub-Produktion – stationiert werden sollen. Geplant ist, dass die neuartigen Drohnentruppen über Luft-, Boden- sowie Über- und Unterwasserfahrzeuge verfügen werden. Für den Einsatz der beiden letzteren soll die polnische Kriegsmarine verantwortlich sein. Kosiniak-Kamysz, der zugleich den Posten des Vize-Ministerpräsidenten innehat, wies darauf hin, dass die Herstellung solcher Drohnen in signifikanten Größenordnungen mit einer guten Strategie verbunden sei – eine Strategie, die der laufenden Anpassung und Erweiterung auf beinahe wöchentlicher Basis bedarf.

Der polnische Verteidigungschef erklärte außerdem, dass "die Drohnen nicht auf Vorrat gekauft werden können". Warum dies der Fall sei, sagte er nicht. Unklar ist daher, ob dafür logistische oder finanzielle Gründe ausschlaggebend seien. Die erste Annahme, dass die neuen Drohnenmodelle weitgehend autark in Polen selbst hergestellt werden würden, wird zumindest angedeutet. Warschau bedient diesen Absatzmarkt bereits und liefert Drohnen aus polnischer Produktion nach Südkorea. Da das gewünschte Pensum für den Eigenbedarf faktisch weder vorhanden noch einsatzbereit zu sein scheint, sei es in der Zwischenzeit notwendig, einen gewissen Vorrat an verfügbaren Flugzeugen für "die schwierigsten Szenarien" bereitzuhalten. Mit diesen "schwierigsten Szenarien" scheint eine unerwartete, direkte Konfrontation mit Russland gemeint zu sein.

Außerdem wurde jüngst bekannt gegeben, dass erneut deutsche Patriot-Systeme in der Nähe des polnischen Rzeszów im Südosten des Landes stationiert werden sollen – dies war bereits zwischen Januar und November 2023 der Fall. Damals war der Vorwand eine "verirrte Rakete" Ende 2022, die im polnischen Grenzgebiet – genauer, im Dorf Przewodów – zwei die Leben zweier Zivilisten gekostet hat. Die ukrainische Führung wollte den Vorfall damals auf die Russen schieben, um die Polen "leichter in den Konflikt ziehen" zu können – später entpuppte sich die Rakete jedoch als ukrainisches Modell, woraufhin die ganze Angelegenheit mit strategischer Diskretion aus der öffentlichen Diskussion verbannt wurde. Nimmt man die vorige Stationierung als Bezugspunkt, dann müssten ab Januar 2025 auch wieder mindestens 320 Bundeswehr-Soldaten dorthin verlegt werden, um das Patriot-Raketenabwehrsystem zu betreuen.

Normalerweise werden um die 90 Soldaten pro Patriot-Einheit benötigt. Die Rede war bislang von drei Einheiten. Da sich die Umstände mittlerweile verschärft haben, könnte diesmal die Zahl der Patriot-Starteinheiten aus Deutschland höher ausfallen. Zu bedenken ist auch, dass bei allen Beteuerungen, es handle sich lediglich um ein Verteidigungssystem, vergessen wird zu erwähnen, dass das Raketensystem durchaus auch als Abschussrampe für offensive Maßnahmen genutzt werden kann. Die deutschen Patriot-Einheiten werden als die fortschrittlichsten Einheiten des aus den USA stammenden Verteidigungssystems erachtet. Bislang verfügte Deutschland über elf solche Einheiten. Berlin bestellte bei dem US-Waffenhersteller Raytheon jedoch vor Kurzem weitere Patriot-Systeme der neuesten Bauart im Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar. Im Januar dieses Jahres hatte die NATO mitgeteilt, für den europäischen Kontinent 1.000 Patriot-Raketen bei Raytheon bestellt zu haben – die Kosten für die Herstellung eines Patriot-Flugkörpers werden mit vier Millionen US-Dollar angegeben.

Die Stadt Rzeszów und ihr Flughafen gelten als eines der wichtigsten militärisch-logistischen Drehkreuze für die kriegerische Unterstützung des Kiewer Regimes gegen Russland.

Sicherlich weiß man aber seit September, dass die Warschauer Führung hinter der Kulisse ihres demonstrativ aufopferungsvollen Auftretens um die geleistete Ukrainehilfe durchaus auch realpolitisch denken kann. Zurzeit gebe es "null Bereitschaft", polnische Truppen in die Ukraine zu entsenden, um diese gegen die russischen Streitkräfte kämpfen zu lassen. Dies behauptete zumindest der polnische Außenminister Sikorski in einem Hoax-Telefonat mit dem ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko. In Wahrheit waren jedoch die russischen Scherzbolde Wowan und Lexus auf der anderen Seite der Leitung. 

"Polnische Soldaten in der Ukraine – nicht machbar. Es sei denn, es gebe ein Friedensabkommen und es handele sich um friedenserhaltende Kräfte, die UNO oder dergleichen. Dann ist es vielleicht etwas anderes." Sikorski (Partei PO) argumentierte dabei sehr ähnlich wie sein innenpolitischer Erzfeind, der PiS-Chef und damalige Vize-Ministerpräsident Jarosław Kaczyński, zweieinhalb Jahre zuvor.

Jedes Telefonat von Wowan und Lexus mit einem westlichen Volksvertreter ist um vieles aufschlussreicher als die meisten Pressemitteilungen vor laufenden Kameras.

Auch Staatspräsident Andrzej Duda geriet in den Genuss einer Konversation mit den beiden Künstlern: Duda dachte damals – vor genau zwei Jahren – er würde mit seinem französischen Amtskollegen Macron reden, als er versicherte, dass Polen keinerlei Wünsche hegt, mit Russland in eine direkte militärische Konfrontation zu geraten.

Dennoch ist deutlich erkennbar, dass das Mandat der westlichen Hauptstädte für das mittlerweile extrem bedrängte Kiewer Regime, seine Provokationen gegenüber Moskau weiter zu verschärfen, immer weiter ausgedehnt wird. Am Ende könnten die von den beiden russischen Komikern entlockten Beteuerungen der EU-Politiker, wonach "man es ja gar nicht so weit treiben wolle", nur ein schwacher Trost im Angesicht einer nicht mehr rückgängig zu machenden Entfesslung eines Krieges in Europa sein.

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Elem Chintsky ist ein deutsch-polnischer Journalist, der zu geopolitischen, historischen, finanziellen und kulturellen Themen schreibt. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit RT DE besteht seit 2017. Seit Anfang 2020 lebt und arbeitet der freischaffende Autor im russischen Sankt Petersburg. Der ursprünglich als Filmregisseur und Drehbuchautor ausgebildete Chintsky betreibt außerdem einen eigenen Kanal auf Telegram, auf dem man noch mehr von ihm lesen kann.