Präsidentenwahl Rumänien: Parteiloser Kandidat Georgescu sorgt überraschend für Stichwahl

Bei der Wahl des rumänischen Staatsoberhaupts sorgt der parteilose Călin Georgescu für die überraschende Notwendigkeit einer Stichwahl. Nach bisheriger Auszählung liegt der unabhängige Kandidat mit rund 22 Prozent der Stimmen in Führung, der favorisierte Sozialdemokrat Marcel Ciolacu knapp dahinter.

Der rumänische Nationalist Călin Georgescu hat laut ersten Medienmeldungen überraschend die erste Runde der rumänischen Präsidentschaftswahlen gewonnen. Georgescu gilt dabei in der deutschen Berichterstattung konsequent als "prorussisch" und "rechtsextrem". Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen in den frühen Morgenstunden des Montags liegt demnach Georgescu, der mit seiner Anti-Ukraine-Kriegsposition auf sich aufmerksam gemacht hat, mit 22,1 Prozent der Stimmen knapp vor dem Kandidaten der Sozialdemokraten, dem amtierenden Premierminister Marcel Ciolacu.

Der ultrareligiöse und nationalistische Georgescu hatte sich in seinem Wahlkampf dafür eingesetzt, die Abhängigkeit Rumäniens von Importen zu verringern und die heimische Lebensmittel- und Energieproduktion zu steigern. Elena Lasconi von der Partei Union Rettet Rumänien (USR) kommt als Drittplatzierte auf rund 18 Prozent der Stimmen und George Simion, der Führer der Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR), auf 14,1 Prozent.

Georgescu gilt als ein lautstarker Kritiker der Rolle Bukarests im laufenden Ukraine-Konflikt. Er argumentierte, dass die NATO und die EU nicht die rumänischen Interessen vertreten und behauptete, dass der Krieg von US-Rüstungsunternehmen manipuliert wird. Rumänien war im Jahr 2004 der NATO beigetreten.

Der Überraschungskandidat war dabei in seinem Wahlkampf, ähnlich den aktuellen Kanzlerambitionen von Robert Habeck in Deutschland, sehr aktiv werbend in den sozialen Medien vorzufinden. Er konnte so darüber eine beträchtliche Anhängerschaft gewinnen, insbesondere unter denjenigen, die von der Außenpolitik der derzeitigen Regierung enttäuscht sind. Das Hamburger Magazin Der Spiegel bezeichnete ihn am Tag nach der Wahl als "rechter TikTok-Kandidat". Die Zeit gab ihm den Titel "prorussischer Rechtsextremer". 

Die Webseite Euro News fasst zusammen:

"Nach Schließung der Wahllokale hatten 9,4 Millionen Menschen, etwas mehr als 52 Prozent der Wahlberechtigten, ihre Stimme abgegeben. Georgescu kandidierte unabhängig und war nicht sehr bekannt. Er schnitt in den meisten lokalen Umfragen in der Wählergunst besser ab als seine Konkurrenten und versetzte dem politischen Establishment Rumäniens damit einen Schock."

Das für die westliche Wahrnehmung überraschende und als schockierend bezeichnete Ergebnis hat die Erwartungen nun in eine andere Richtung gelenkt. Laut Agenturmeldungen hatte der aktuell führende Kandidat noch am Wahlabend auf einer via Facebook übertragenen Pressekonferenz mitgeteilt, das rumänische Volk sei "zum Bewusstsein erwacht" und habe seinen Willen bekundet, "nicht weiter auf Knien, nicht weiter unter Invasion, nicht weiter erniedrigt" zu bleiben. Die fortdauernde wirtschaftliche Unsicherheit habe zu diesem Votum geführt.

Die endgültige Zusammensetzung der Stichwahl ist noch ungewiss, da weitere Stimmzettel ausgezählt werden. Die Entscheidung zwischen den beiden Erstplatzierten fällt am 8. Dezember, eine Woche nach der Parlamentswahl.

Laut seiner Website hat Georgescu einen Doktortitel in Pedologie, auch Bodenkunde genannt, und war in den 1990er-Jahren in verschiedenen Positionen im rumänischen Umweltministerium tätig, so Euro News. Zwischen 1999 und 2012 war der führende Vertreter Rumäniens im nationalen Ausschuss des Umweltprogramms der Vereinten Nationen.

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