Polen beendet Forderung nach Weltkriegsreparationen von Deutschland

Anstelle von Reparationszahlungen für die Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs wünscht sich der polnische Außenminister Radosław Sikorski von Berlin eine "kreative" Geste, um Warschau zu überzeugen, dass es die Verbrechen der Nazis bereut.

Polen werde von Deutschland keine Reparationszahlungen für die Verbrechen der Nazis während des Zweiten Weltkriegs mehr verlangen, erklärte der polnische Außenminister Radosław Sikorski. Warschau und Berlin seien jetzt Verbündete, insbesondere wenn es darum gehe, die von Russland ausgehende Bedrohung abzuwehren, so der Diplomat.

Unter der vorherigen rechtsgerichteten Regierung der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte Polen wiederholt die Frage von Kriegsreparationen seitens Deutschlands angesprochen. Warschau schätzte, dass Berlin im Jahr 2022 6,2 Billionen Złoty (rund 1,5 Billionen Dollar) an Entschädigungen für die durch die Nazi-Besatzung verursachten Schäden zahlen müsste.

Im polnischen Fernsehsender TVP Info sagte Sikorski am Dienstag: "Wir sprechen nicht über Reparationen, sondern über eine Geste, die zeigt, dass die Deutschen sich für das, was sie uns angetan haben, moralisch verantwortlich fühlen." Nach Ansicht des Ministers "liegt der Ball jetzt bei Deutschland", das "eine kreative Entscheidung" anbieten müsse. Er schlug vor, dass sich das Nachbarland um die verbliebenen Überlebenden der Nazi-Besatzung Polens kümmern und in Berlin eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die tragischen Ereignisse errichten könnte.

Laut Sikorski sollten sich beide NATO-Mitgliedsstaaten auf die Zukunft konzentrieren, da "wir und Deutschland Verbündete sind und wir einander zum Beispiel brauchen, um russische Raketen [in der russischen Region Kaliningrad] oder russische U-Boote in der Ostsee abzuwehren." Der russische Präsident Wladimir Putin hat wiederholt die Annahme zurückgewiesen, dass Moskau Pläne für einen Angriff auf die NATO habe, und solche Spekulationen als "Unsinn" bezeichnet. Nach Angaben des Kremls sei das Land gezwungen, seine Verteidigungsanlagen entlang seiner Westgrenze zu verstärken, da immer mehr osteuropäische Länder dem Block beigetreten seien.

Bereits im Februar räumte Sikorski ein, dass man "leider keine Reparationen [von Deutschland] erhalten kann." Etwa zur gleichen Zeit stellte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk klar, dass "im formalen, rechtlichen und internationalen Sinne die Frage der Reparationen vor vielen Jahren abgeschlossen wurde." Für Berlin wurde die Angelegenheit gelöst, als Warschau 1953 im Rahmen eines Abkommens mit der DDR auf sein Recht auf Rückerstattung verzichtete, und im Vertrag über die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurde sie dann endgültig geklärt.

Im Februar wies der polnische Außenminister außerdem auf eine angebliche Vereinbarung nach dem Zweiten Weltkrieg hin, wonach Polen 15 Prozent der der UdSSR zustehenden Rückerstattungen erhalten sollte. Der Diplomat warf Moskau vor, dieses Geld "zu unterschlagen". Kreml-Pressesprecher Dmitri Peskow kommentierte die Behauptung Warschaus und bezeichnete sie als weiteren Beweis für Polens "rasende Russophobie".

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