Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson enthüllte in seinen im nächsten Monat erscheinenden Memoiren, dass er während der Corona-Krise einen Militäreinsatz in den Niederlanden erwogen hatte. Dort sollten britische Soldaten Corona-Impfstoff beschlagnahmen, der nach Johnsons Auffassung in Großbritannien "gestohlen" worden sei.
Laut einem Auszug aus Johnsons Memoiren, den die Daily Mail am Samstag veröffentlichte, trafen sich britische Verteidigungsbeamte in der Downing Street, um einen "durchführbaren" Plan zu skizzieren, warnten aber vor möglichen diplomatischen Konsequenzen.
Demnach hatte Johnson die Streitkräfte im Frühjahr 2021 beauftragt, zu prüfen, ob ein Einsatz vom Wasser aus auf ein Lagerhaus in der niederländischen Stadt Leiden möglich sei. In dem Gebäude sollen sich dem Bericht zufolge damals rund fünf Millionen Dosen des AstraZeneca-Impfstoffes befunden haben. Johnson war der Überzeugung, dass der Impfstoff dem Vereinigten Königreich zustehe, weil der Impfstoff des Pharmakonzerns AstraZeneca dort entwickelt worden war. Zwischen Großbritannien und der EU gab es zu diesem Zeitpunkt Streitigkeiten um die Ausfuhr des Impfstoffs.
Der Plan sah vor, dass ein Team einen kommerziellen Flug nach Amsterdam nehmen würde, während ein zweites Team nachts in kleinen Booten den Ärmelkanal überqueren und durch die niederländischen Kanäle zu der Anlage fahren würde. Die Einheiten sollten sich dann treffen, um "die Güter zu sichern", und anschließend mit einem Lastwagen zu den Häfen am Ärmelkanal aufbrechen.
Der stellvertretende Chef des Verteidigungsstabs, Generalleutnant Doug Chalmers, sagte dem Premierminister dem Bericht zufolge, dass der Plan "sicherlich durchführbar" sei. Chalmers habe Johnson jedoch gewarnt, dass es schwierig sei, die Mission in dieser von Lockdowns geprägten Zeit "unentdeckt durchzuführen". Laut Johnson habe Chalmers eingewendet:
"Wenn wir entdeckt werden, werden wir erklären müssen, warum wir bei einem langjährigen NATO-Verbündeten einmarschieren."
In seinen Memoiren schrieb Johnson dazu:
"Natürlich wusste ich, dass er recht hatte, und insgeheim stimmte ich dem zu, was alle dachten, aber ich wollte es nicht laut sagen: dass die ganze Sache verrückt war."
Johnson, der im Jahr 2019 mit dem Versprechen gewählt wurde, die langwierigen Brexitverhandlungen abzuschließen und die EU zu verlassen, äußerte in dem Buch die Vermutung, dass EU-Beamte die Impfstoffe "entführt" hätten.
"Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die EU uns mit Bosheit und Gehässigkeit behandelt", so Johnson. Er argumentierte, dass das Vereinigte Königreich seine "Bevölkerung viel schneller impft als sie, und die europäischen Wähler haben das schon lange bemerkt".
AstraZeneca hat mittlerweile vor Gericht zugegeben, dass sein COVID-19-Impfstoff tödliche Nebenwirkungen verursachen kann. Demnach könne das Vakzin "in sehr seltenen Fällen TTS verursachen", das Thrombose-mit-Thrombopenie-Syndrom. Dabei bilden sich bei den Betroffenen Blutgerinnsel bei gleichzeitigem Blutplättchenmangel. In einigen Fällen kann die Erkrankung zum Tod führen. Inzwischen wurde die Zulassung für den Impfstoff widerrufen.
Über die Umsetzung von Johnsons Plan, der zugleich kostenlose Werbung für den Pharmakonzern gewesen wäre, hätte sich AstraZeneca jedoch zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise erfreut gezeigt.
Mehr zum Thema - Prozess in Großbritannien: AstraZeneca gibt Nebenwirkung bei COVID-19-Impfstoff zu