In den deutschen Medien wird gemeldet, die Niederlande wollten einen Ausstieg aus den EU-Asylregeln. Die dortige Regierungskoalition will die Einwanderungspolitik deutlich verschärfen. Ein derartiger Ausstieg hat in der Geschichte der EU bereits einige Male stattgefunden, ist aber schwierig, weil er der Zustimmung aller 27 Mitgliedsländer bedarf.
Zur Begründung führte die Regierung an, eine Abweichung von den Vorgaben der EU sei erforderlich, "um unsere verfassungsrechtlichen Aufgaben zu erfüllen wie Bereitstellung von Wohnungen, Gesundheitsversorgung und Bildung." Der Wunsch nach dem "Opt-Out" wurde der EU-Kommission in einem Schreiben mitgeteilt; aber inzwischen liegt die Reaktion der Kommission bereits vor – die Regeln der EU zu Migration und Asyl "bleiben für die Niederlande bindend."
Gleichzeitig zielt die Regierung in Den Haag aber auf eine entsprechende Änderung der EU-Verträge und will dafür Gespräche mit Ungarn, Polen, Schweden und Dänemark aufnehmen, die ebenfalls eine andere Migrationspolitik anstreben. Aus Deutschland, wo das Thema derzeit ebenfalls wieder akut ist, ist zwar häufig zu hören, dass das EU-Recht an schärferen Regeln hindere; Bemühungen des größten Nettozahlers, dieses EU-Recht zu ändern, gibt es allerdings nicht. Neben dem Wunsch auf eine Änderung der EU-Vorgaben wird in der niederländischen Regierung aber auch überlegt, den Notstand auszurufen, um damit diese Begrenzungen zu umgehen.
Einer der Hintergründe für diesen niederländischen Antrag ist die Entwicklung in der Stadt Ter Apel, die in der Nähe der deutschen Grenze liegt und in den letzten Tagen mit der Zahl eintreffender Asylbewerber völlig überfordert war. Bemühungen, die Migranten in anderen Städten unterzubringen, stießen dort vielfach auf Ablehnung. Offenkundig ist es in den Niederlanden noch nicht üblich, Menschen in Turnhallen und Containern zu lagern. In den letzten Tagen nächtigten Neuankömmlinge auf dem Rasen vor dem Aufnahmezentrum.
Bereits im Sommer 2022 war in Ter Apel eine ähnliche Situation eingetreten und hunderte Asylbewerber campierten auf dem Rasen, weil es keine Unterkünfte für sie gab. Der Vorsitzende der größten Regierungspartei PVV, Geert Wilders, sagte in der gerade laufenden Haushaltsdebatte der Niederlande, es wäre durchaus möglich, dass unwillige Kommunen zur Aufnahme von Asylbewerbern gezwungen würden. Vier von zehn Kommunen besitzen gar keine Möglichkeiten zur Notunterbringung.
Hauptziele der niederländischen Migrationsministerin Marjolein Faber sind, den Familiennachzug stärker zu begrenzen und schnellere Abschiebungen zu ermöglichen. In der deutschen Berichterstattung wird sie nur als "radikal Rechte" bezeichnet. Die Tagesschau erklärt, die Zahl der jährlich hinzukommenden Asylbewerber liege mit rund 40.000 im EU-Durchschnitt; allerdings gesteht sie ein: "Doch seit Jahren gibt es Probleme bei der Unterbringung durch Sparmaßnahmen und allgemeine Wohnungsnot."
Die Regierung des 18-Millionen-Landes hat sich das Ziel gesetzt, jährlich 100.000 neue Wohnungen zu bauen.
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