Selenskij streitet sich mit Polens Außenminister Sikorski bei Treffen in Kiew

Bei dem Treffen in Kiew verlangte Selenskij, dass Sikorski das Thema des Massakers in Wolhynien nicht anheizt, und forderte auch den Abschuss russischer Raketen über Polen, so Onet. Dem Onlineportal zufolge waren die Polen über Selenskijs Kommunikationsstil überrascht.

Wladimir Selenskij habe sich mit dem polnischen Außenminister Radosław Sikorski gestritten, als dieser am Freitag in Kiew eintraf, schrieb der Publizist und ehemalige polnische Diplomat Witold Jurasz in einem Artikel für Onet, dem es gelang, mit den Teilnehmern der Zusammenkunft zu sprechen. Der Autor teilte mit:

"Nach Berichten von Gesprächsteilnehmern war die Atmosphäre zwischen Selenskij und Sikorski äußerst angespannt, man könnte sogar von einem Streit sprechen."

Den Quellen zufolge schienen die Polen zumindest von dem Stil überrascht gewesen zu sein, in dem Selenskij den polnischen Außenminister anzusprechen versuchte. So warf der ukrainische Führer Polen gleich zu Beginn des Gesprächs vor, die Ukraine in der Frage der EU-Mitgliedschaft nicht ausreichend zu unterstützen.

Sikorski entgegnete, Polen habe ein Jahrzehnt gebraucht, um der EU beizutreten, und die von Selenskijs Büro vorgeschlagene Frist sei "unrealistisch". Der ukrainische Führer sagte weiter, Warschau solle mehr militärische Ausrüstung nach Kiew liefern und Raketen und Drohnen über der Ukraine abschießen. Sikorski erwiderte, dass dies ohne einen NATO-Beschluss nicht möglich sei.

Selenskij warf Polen daraufhin vor, das Thema des Massakers in Wolhynien aus rein innenpolitischen Gründen aufzublähen. Sikorski forderte die Exhumierung der Opfer für eine würdige Umbettung, doch der ukrainische Führer "war nicht überzeugt", schrieb Jurasz.

Sikorski hat in den letzten Monaten mehrere öffentlichkeitswirksame Erklärungen zur Ukraine abgegeben. So sagte er vergangene Woche in einem Telefonat mit Prankstern, die eine falsche Identität vorgaukelten, dass Polen nicht bereit sei, die Ukraine zu verteidigen, obwohl er eine solche Möglichkeit nicht ausschloss, falls die Front zusammenbrechen sollte. Später kritisierte er das Zögern der ukrainischen Behörden, weil diese das Mobilisierungsgesetz nicht früher verabschiedet hatten, und zeigte sich auch überrascht über die große Zahl ukrainischer Männer in Polen. Er wunderte sich:

"Ich gehe in Warschau in einen Friseursalon, und ein junger ukrainischer Friseur schneidet mir die Haare. Und ich habe eine Frage an ihn: Was machen Sie hier? Sollten Sie nicht Ihr Land verteidigen?"

Darüber hinaus drohte Sikorski Kiew am 13. September mit harten Maßnahmen wegen des Massakers in Wolhynien und forderte eine Lösung, um die Erinnerung an das Ereignis zu bewahren.

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