Die Wahlen zum 10. georgischen Parlament finden am 26. Oktober statt. In den letzten Jahren hat sich die ehemalige Sowjetrepublik im Südkaukasus vor allem von der Wokeness-Agenda und der westlichen antirussischen Politik distanziert. Die prowestliche Ausrichtung Georgiens bleibt aber nach wie vor offiziell bestehen – seit dem 14. Dezember 2023 ist Georgien offiziell EU-Beitrittskandidat.
Nach der Verabschiedung des sogenannten Agenten-Gesetzes zur besseren Kontrolle von ausländisch finanzierten "Nicht-Regierungsorganisationen" hatte die Europäische Union am 28. Juni 2024 die Verhandlungen vorerst auf Eis gelegt. Die Wahlen im Oktober werden deshalb von vielen im Westen als Schicksalswahlen gedeutet, die über die geopolitische Ausrichtung des Landes auf Jahre entscheiden werden.
Am Montag gab der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Michael Roth, seine Reise in die georgische Hauptstadt Tblissi bekannt. Am Vormittag postete er auf seinem X-Kanal ein Foto mit georgischen Oppositionellen und schieb polemisierend dazu:
"Es ist die Zivilgesellschaft, Dummkopf! Kritische, mutige NGOs sind das Rückgrat einer starken, widerstandsfähigen Demokratie. Danke für das pro-europäische Engagement und die inspirierende Arbeit. Das Gesetz über ausländische Agenten ist Gift für die demokratische Kultur in Georgien und muss daher abgeschafft werden."
Seine Polemik galt offenbar Vertretern der Regierungspartei "Georgischer Traum", die seinen vorher in diplomatischen Kreisen angekündigten Besuch im Vorfeld kritisiert hatten. Der deutsche Bundestagsabgeordnete Michael Roth habe versucht, sich in die revolutionären Prozesse in Georgien einzumischen, sagte Premierminister Irakli Kobachidse am Mittwoch.
"Er hat versucht, sich in die revolutionären Prozesse einzumischen, und dieser Versuch ist gescheitert. Michael Roth versucht, die Opposition irgendwie zu unterstützen, aber sein Ruf im Land ist so untergraben, dass ich glaube, dass sein Besuch in Georgien für die Opposition kontraproduktiv sein wird", so Kobachidse.
Der georgische Premier erinnerte an den Auftritt Roths bei einer Demonstration gegen das NGO-Gesetz am 14. Mai, als er zusammen mit den Außerministern der baltischen Staaten die Demonstranten zu Standhaftigkeit im Namen von "Freiheit und Demokratie" aufrief. Ebenfalls im Mai traf sich Roth mit Vertretern der Regierungspartei an einem runden Tisch, um ihnen nahezulegen, dass im Falle der Verabschiedung des Gesetzes die EU-Hilfen für Georgien versiegen könnten.
Am Montag teilte der Sprecher des georgischen Parlaments Schalwa Papuaschwili mit, dass die Mitglieder der Regierungspartei diesmal kein Interesse an einem Treffen mit Roth hätten.
"Wenn er kommt, um die Opposition zu unterstützen, bedeutet das die Einmischung eines Vertreters eines ausländischen Staates in die Innenpolitik und den Wahlkampf. Die Opposition scheint seine Beleidigungen gegenüber der Kirche, der Regierung und dem Volk zu billigen. Heute werden sie wahrscheinlich Schlange stehen, um ihn noch einmal zu treffen", sagte Papuaschwili.
Roth hat die derzeitige konservativ ausgerichtete Politik Tblissis wiederholt auf X kritisiert. Der SPD-Politiker ist seit Jahren bekannt als notorischer Unterstützer des Kiewer Regimes und Befürworter von Waffenlieferungen in die Ukraine. Auch sähe er gern Georgien als Mitglied der westlichen Bündnisse und als Beteiligten an der antirussischen Politik der EU. Auf dem Westbalkan macht der Politiker mit dem gleichen Ziel Druck auf Serbien. Als Beweis für die "prorussischen" Positionen Serbiens postete Roth auf X zuletzt ein Video des in der EU verbotenen Fernsehsenders RT und erntete dafür Spott und Kritik.
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