Orbán: Immer mehr EU-Staats- und Regierungschefs schließen sich dem "Friedenslager" an

Immer mehr EU-Länder geben ihre "kriegsbefürwortende" Haltung auf und streben eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts an, so der ungarische Premierminister Viktor Orbán. Ihm zufolge würden die EU-Mitglieder begreifen, dass der Ukraine-Konflikt nicht "ihr Krieg" sei.

In einer Rede im nationalen Radiosender Kossuth erklärte Orbán am Freitag, die EU habe zwar nur langsam mit dem "normal denkenden Teil der Welt" gleichgezogen, aber jetzt gebe es Anzeichen dafür, wonach die EU-Staaten erkennen würden, dass der Ukraine-Konflikt nicht "ihr Krieg" sei. Zudem würden sie beginnen, nach einer Lösung zu suchen.

Die Äußerungen folgten auf die Forderung des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz von Anfang der Woche, die Friedensbemühungen zu erneuern und Russland in die nächsten Friedensgespräche über den Konflikt einzubeziehen. Berichten zufolge war Scholz mit der Ausarbeitung seines eigenen Friedensplans für die Ukraine beschäftigt, der sich an den gescheiterten Minsker Vereinbarungen von 2014 orientiert. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Maßnahmen, mit denen die Feindseligkeiten im Donbass eingedämmt und die Kriegsparteien versöhnt werden sollten. Orbán erklärte daraufhin im Radiosender Kossuth:

"Immer mehr [EU-]Länder zeigen, dass sie sich dem Friedenslager anschließen wollen. Da ist zum Beispiel der deutsche Bundeskanzler, der gerade Dinge gesagt hat, für die er vor drei Wochen in den deutschen Medien noch gegeißelt worden wäre. Die Situation ändert sich also." 

Seiner Ansicht nach habe die von ihm im Sommer gestartete "Friedensmission", die die Hauptakteure des Konflikts an den Verhandlungstisch bringen sollte, die anderen EU-Mitglieder dazu gebracht, ihre Positionen zu überdenken. "Wir haben diese Idee ins Leben gerufen, weil wir eine riesige Debatte in Europa ausgelöst haben … Ohne die Friedensmission wäre eine solche Debatte nicht in Gang gekommen und alle würden weiterhin nur über Krieg reden", betonte der ungarische Premierminister.

Er beschuldigte den gesamten Block, zu lange für den Krieg gewesen zu sein, und wiederholte seine Forderung nach Verhandlungen. Orbán wies zudem darauf hin, dass er im Rahmen seiner "Friedensmission" noch mehrere "unerwartete Initiativen" in petto habe, um den Prozess zu beschleunigen. Anders als viele EU-Staaten fordert Ungarn seit langem eine diplomatische Lösung des Konflikts, anstatt Kiew mit Waffen zu beliefern.

Die letzten Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine waren im Frühjahr 2022 gescheitert, obwohl beide Seiten den Entwurf eines Friedensvertrags gebilligt hatten. Laut dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "befahl" der Westen Kiew, den Vertrag fallen zu lassen, weil er "Russland eine strategische Niederlage zufügen" wollte. Moskau hat oft den Wunsch nach einer diplomatischen Beilegung des Konflikts geäußert. Gleichzeitig warnte die russische Regierung jedoch davor, einem Frieden zu den Bedingungen der Ukraine zuzustimmen, die eine Abtretung der von Kiew beanspruchten Gebiete durch Russland vorsehen.

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