Pawel Durow, der Gründer des Messengerdienstes Telegram, hat sich erstmals seit seiner Festnahme in Frankreich im August zu den Ermittlungen gegen ihn geäußert. Durow schrieb in einer langen Nachricht auf Telegram:
"Letzten Monat wurde ich nach meiner Ankunft in Paris vier Tage lang von der Polizei verhört. Mir wurde gesagt, dass ich persönlich für die illegale Nutzung von Telegram durch andere Personen verantwortlich sein könnte, da die französischen Behörden keine Antworten von Telegram erhalten haben."
Dies nannte er "aus mehreren Gründen überraschend". Erstens habe Telegram einen offiziellen Vertreter in der EU, der EU-Anfragen entgegennehme, beantworte und für jeden zu erreichen sei. Zweitens hätten die französischen Behörden zahlreiche Möglichkeiten gehabt, ihn zu kontaktieren und um Hilfe zu bitten. So sei er als französischer Staatsbürger oft Gast im französischen Konsulat in Dubai gewesen und habe dort beim Einrichten einer Telegram-Hotline zur Terrorismusbekämpfung geholfen. Drittens, so Durow, sei es gängige Praxis, rechtliche Schritte gegen den Internetdienst selbst einzuleiten, wenn ein Land "unzufrieden ist":
"Es ist ein fehlgeleiteter Ansatz, einen CEO mit Gesetzen aus der Vor-Smartphone-Ära wegen Straftaten anzuklagen, die von Dritten auf der von ihm verwalteten Plattform begangen wurden. Die Technologie aufzubauen, ist schon schwer genug. Kein Innovator wird jemals neue Tools entwickeln, wenn er weiß, dass er persönlich für den potenziellen Missbrauch dieser Tools verantwortlich gemacht werden kann."
Der 39-jährige Milliardär betonte, es sei "nicht leicht, das richtige Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Sicherheit zu finden". Telegram sei verpflichtet, mit den Regulierungsbehörden zusammenzuarbeiten, um die richtige Balance zu finden. Telegrams Mission beschrieb Durow als den Schutz der "Nutzer in autoritären Regimen":
"Ja, wir stehen zu unseren Prinzipien: Unsere Erfahrung ist geprägt von unserer Mission, unsere Nutzer in autoritären Regimen zu schützen. Aber wir waren immer offen für den Dialog."
Nicht immer sei eine Einigung mit den Behörden möglich. So sei Telegram in Russland und Iran verboten worden, nachdem man auf staatliche Forderungen nicht eingehen wollte. Man sei bereit, sich aus Ländern zurückzuziehen:
"Wir sind bereit, Märkte zu verlassen, die nicht mit unseren Prinzipien vereinbar sind, weil wir das nicht für Geld tun. Wir werden von der Absicht angetrieben, Gutes zu bewirken und die Grundrechte der Menschen zu verteidigen, insbesondere dort, wo diese Rechte verletzt werden."
Telegram sei dabei nicht perfekt, allerdings seien Behauptungen, bei dem Dienst handle es sich um eine Art "anarchisches Paradies", "absolut unwahr". Jeden Tag würden Millionen "schädliche" Nachrichten und Kanäle entfernt, es gebe tägliche Transparenzberichte und Hotlines.
Allerdings habe das schnelle Wachstum auf nunmehr 950 Millionen Nutzer "Wachstumsschmerzen" verursacht, die den Missbrauch durch Kriminelle erleichterten. Man wolle sich "in dieser Hinsicht deutlich verbessern" und habe intern entsprechende Prozesse eingeleitet. Er hoffe, so schließt Durow seine Nachricht, "dass die Ereignisse vom August dazu führen werden, dass Telegram – und die Branche der sozialen Netzwerke als Ganzes – sicherer und stärker wird".
Die französischen Behörden werfen dem Telegram-Gründer unter anderem vor, persönlich nicht genügend gegen die Verbreitung angeblicher krimineller und extremistischer Inhalte auf der Plattform zu unternehmen. Die Straftaten auf Telegram umfassten die Verbreitung von Material über sexuellen Kindesmissbrauch, Betrug und Drogenverkauf, so die französische Staatsanwaltschaft. Durow wurde nach vier Tagen auf Kaution freigelassen, darf Frankreich vorerst aber nicht verlassen.
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