Polnischer Premier droht mit Veto gegen EU-Beitritt der Ukraine

Kiew muss das Thema des Wolhynien-Massakers lösen, damit Warschau seinen Antrag auf EU-Beitritt unterstützt, erklärte der polnische Premier Donald Tusk. Zuvor hatte der ukrainische Außenminister bei seinem Besuch in Polen von "ukrainischen Gebieten" in Polen gesprochen.

Der polnische Premierminister Donald Tusk hat gedroht, den Antrag der Ukraine auf Beitritt zur EU zu blockieren, wenn sie nicht Warschaus Forderungen in Bezug auf das Wolhynien-Massaker im Zweiten Weltkrieg erfüllt, einem Massenmord von ukrainischen Nationalisten an Polen.

Tusk machte diese Aussage im Gefolge eines massiven politischen Skandals, der Polen nach einem desaströsen Besuch des ukrainischen Außenministers Dmitri Kuleba erschütterte, der viele hochkontroverse Erklärungen zur Geschichte von Ukrainern und Polen abgab.

"Die Ukrainer müssen, bei all unserem Respekt und unserer Unterstützung für ihre militärischen Bemühungen, begreifen, dass ein Beitritt zur EU auch ein Beitritt zu einer politischen und historischen Kultur ist. Solange der Respekt für diese Standards auf Seiten der Ukraine nicht besteht, wird die Ukraine kein Teil der europäischen Familie werden", erklärte Tusk.

Der Premier verurteilte die Bemerkungen Kulebas und beschrieb seine Einschätzung der kontroversen Aussagen als "rundum negativ". "Die Ukraine wird, auf die eine oder andere Weise, Polens Erwartungen erfüllen müssen", betonte Tusk.

Kuleba machte seine empörenden Aussagen am Mittwoch während einer Rede in der nordpolnischen Stadt Olsztyn. Während er zusagte, Exhumierungen, die helfen sollen, das Wolhynien-Massaker zu verstehen, nicht zu widersprechen, drängte der Diplomat die beiden Nationen, "die Geschichte den Historikern zu überlassen" und nicht "die schlechten Dinge, die die Polen den Ukrainern und die Ukrainer den Polen antaten", auszugraben.

Zwischen 1943 und 1944 wurden mindestens 60.000 ethnische Polen in den historischen Gebieten Wolhynien und Galizien, die derzeit zur Ukraine gehören, von Kämpfern der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) und der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) getötet. Einige Historiker setzen die Zahl der Opfer noch höher an, und zwar bei bis zu 120.000 Menschen. Während Warschau dieses Massaker als einen Genozid an Polen betrachtet, feiert die moderne Ukraine die Täter als "Freiheitskämpfer" und "Nationalhelden".

Kuleba erinnerte auch an die Operation Weichsel von 1947, eine erzwungene Umsiedlung von Ukrainern aus dem südöstlichen Polen in den Westen des Landes. Diese umstrittene Aktion zielte auf die Zerstörung örtlicher Nester der UPA, da die Umsiedlung sie ihrer regionalen Unterstützung beraubte. Während dieser Operation wurden etwa 140.000 Menschen deportiert und im Westen des Landes verteilt.

Der besuchende Außenminister sagte, Kiew hätte seine eigenen Forderungen an die polnischen Behörden, wie, die "Erinnerung der Ukrainer" zu respektieren, die gewaltsam aus ukrainischen Gebieten vertrieben worden seien. Die Bemerkung wurde vom Gastland denkbar negativ aufgenommen, da einige darin einen schlecht verhüllten Hinweis auf Gebietsansprüche sahen. Das ukrainische Außenministerium musste eingreifen und betonte, so habe sein Minister es nicht gemeint, sondern er habe damit nur die Region, in der vor der Deportation eine "kompakte ukrainische Gemeinschaft" gelebt habe, als "ukrainisches Gebiet" bezeichnet.

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