Der französische Präsident Emmanuel Macron bestreitet, vom Besuch des Telegram-Chefs Pawel Durow in Frankreich im Voraus gewusst oder bei der Verhaftung des Unternehmers eine Rolle gespielt zu haben. Das sagte er bei einer Pressekonferenz in Serbien, wo er sich zu einem offiziellen Besuch aufhält, berichtet der Sender BFMTV.
"Ich wusste nichts von der Ankunft von Herrn Durow in Frankreich – und das ist normal, denn ich sollte nicht über das Kommen und Gehen aller Personen mit französischer Staatsbürgerschaft informiert sein."
"Die Behauptung, ich hätte eine Einladung ausgesprochen, ist falsch, sie ist völlig falsch", fügte er hinzu. "Ich hätte Durow weder am vergangenen Wochenende noch danach sehen sollen."
Laut einer Quelle von Reuters bei der Pariser Staatsanwaltschaft seien weder Macron noch das französische Außenministerium im Voraus über die geplante Verhaftung des Telegram-Gründers informiert gewesen.
Macron betonte, dass Frankreich die Meinungsfreiheit schütze und sich für Unternehmer und Innovatoren einsetze. "Aber wir sind auch ein Land der Gewaltenteilung, in dem die Richter unabhängig entscheiden. Und das ist gut so."
Zugleich verteidigte er seine Entscheidung zur Verleihung der französischen Staatsbürgerschaft an Durow. Diese Einbürgerungsentscheidung sei Teil einer Strategie gegenüber Menschen, die sich "die Mühe machen, Französisch zu lernen" und "in der Welt strahlen". Macron erwähnte auch den Snapchat-Geschäftsleiter Evan Spiegel, der wie Durow nach einem Sonderverfahren die französische Staatsbürgerschaft erlangt hatte.
Durow hatte seit Samstag mehrere Tage im Gefängnis verbracht, bevor er einem Richter vorgeführt wurde. Seit Mittwochabend ist er wieder auf freiem Fuß. Allerdings gelten für ihn mehrere Auflagen. Der 39-Jährige musste eine Kaution von fünf Millionen Euro hinterlegen, muss sich zweimal wöchentlich bei der Polizei melden und darf Frankreich nicht verlassen. Gegen ihn werde unter anderem wegen des Verdachts der mangelnden Zusammenarbeit mit den Behörden bei der Aufklärung von Straftaten ermittelt, teilte die Pariser Staatsanwaltschaft mit.
"Es ist völlig absurd zu glauben, dass der Chef eines sozialen Netzwerks in kriminelle Handlungen verwickelt sein könnte, die ihn weder direkt noch indirekt betreffen", sagte sein Anwalt David-Olivier Kaminski am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Er fügte hinzu, dass Telegram die EU-Gesetze zur digitalen Technologie vollständig einhalte.
Berichten zufolge soll Macron Durow vor einigen Jahren angeboten haben, den Telegram-Hauptsitz nach Frankreich zu verlegen. Laut BFMTV soll Durow bei seiner Festnahme am 24. August den französischen Geschäftsmann Xavier Niel, Chef des Großunternehmens Iliad und Miteigentümer der Zeitung Le Monde, gebeten haben, über den Vorfall zu informieren. AFP bezeichnet Niel als Macron nahestehend.
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