Heute treffen sich die EU-Außenminister zu einem informellen Treffen in Brüssel. Das Treffen war ursprünglich in der ungarischen Hauptstadt Budapest geplant. Als Zeichen des Protests gegenüber der Reisediplomatie von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, der sich für eine Verhandlungslösung in der Ukraine einsetzt, boykottiert die EU die ungarische Ratspräsidentschaft. Das Treffen wurde daher in Brüssel anberaumt.
Zu besprechen gibt es viel, denn während die EU in die Sommerpause ging, liefen die Krisen der Welt weiter. Bei ihrem Treffen stehen die Nahost-Krise und der Ukraine-Konflikt im Mittelpunkt. Teilnehmen wird daher auch der Außenminister der Ukraine, Dmitri Kuleba.
In einem Doorstep-Statement sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), niemand arbeite härter an einer Friedenslösung als Europa. Faktische Vorschläge für eine diplomatische Lösung kommen bisher allerdings nur aus China, den arabischen Ländern, Brasilien und der Türkei. Lediglich das europäische Ungarn hat sich bisher international für eine Verhandlungslösung eingesetzt. Das Land wird dafür jedoch von der EU und der Mehrzahl der Mitgliedsländer abgestraft.
Die Menschen in der Westukraine will Baerbock weiterhin unterstützen. Sie führt aus, Putin führe einen "Kältekrieg" gegen die Ukraine. Das Ziel der Angriffe auf die Energieinfrastruktur in der Westukraine sei es, Menschen im Winter erfrieren zu lassen. Nach dem Überfall auf die russische Grenzregion Kursk durch die Ukraine antwortete Russland mit gezielten Luftschlägen gegen ukrainische Rüstungsbetriebe, militärische Einrichtungen, aber auch gegen die Energieinfrastruktur des Landes. Experten meinen, die Angriffe auf Kraft- und Umspannwerke zielen ebenfalls auf die energieintensive Rüstungsproduktion. Direkte Angriffe auf Zivilisten hat Russland bisher stets vermieden.
Im Gaza-Konflikt setzt sich Baerbock wiederum für eine humanitäre Feuerpause ein. Bisher sei das nicht gelungen, aber man dürfe die Hoffnung nicht aufgeben, sagte sie. Man könne sich nicht vorstellen, wie es sei, monatelang ohne humanitäre Hilfe überleben zu müssen.
Angesichts des wachsenden Risikos der Ausbreitung von Poliomyelitis, meint die deutsche Außenministerin, für einen wirksamen Schutz vor Polio müssten Polio-Impfstoffe auch verimpft werden. Wörtlich führte die Ministerin aus:
"Dosen zur Impfung stehen bereit. Sie müssen nicht nur nach Gaza reinkommen, sie müssen natürlich auch verimpft werden. Polio-Impfungen bringen überhaupt nichts, wenn sie Neugeborenen nicht auch geimpft werden können."
Angesprochen auf die erleichterte Visa-Vergabe für russische Bürger durch Ungarn mahnte Baerbock zur Vorsicht. Man wisse nicht, wer da komme. Allerdings bräuchten Menschen Schutz, die in Opposition zur russischen Regierung stehen. Diese müssten aber gut überprüft werden, bevor man sie in den Schengen-Raum lasse, denn Russland ziele auf Destabilisierung und verbreite Desinformation.
Für übermorgen ist ein Treffen der Verteidigungsminister der EU-Länder geplant. Dabei wird es auch um die Finanzierung der Streitkräfte gehen. Teilnehmen wird unter anderem Marie-Agnes Strack-Zimmermann in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses.
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