Europa wird es wohl schaffen, ohne russisches Gas auszukommen, da sind sich die Experten des US-amerikanischen Nachrichtenportals Oil Price sicher. Die Abkehr von billigen Energieträgern wird jedoch nicht einfach und schmerzlos sein, betonen sie in einer kürzlich erschienenen Publikation zu dem Thema. Wie es heißt, werden die EU-Länder ihre Nachfrage nach diesem Brennstoff "ernsthaft reduzieren müssen".
Ob dies eine Rezession bedeutet und was genau auf Europa zukommt, das bereits stark unter dem Rückgang der russischen Lieferungen leidet, lassen die Experten in ihrem Artikel jedoch unerwähnt. "Europa hat in zwei Jahren nur sehr bescheidene Fortschritte bei der Reduzierung zusätzlicher russischer Lieferungen gemacht. Trotz der Forderungen einiger Länder, ganz auf Energie aus Russland zu verzichten, und vor allem angesichts des Ukraine-Konflikts, der noch nicht einmal auf eine Entspannung zusteuert", bedauern die Experten in ihrem Artikel.
Die Rohstoffanalysten im Beratungsunternehmen Standard Chartered können keine Fortschritte bei der Verringerung der Importe seit der Einstellung der Gasförderung durch die Pipeline Nord Stream feststellen, heißt es weiter. Das Gegenteil sei der Fall. In diesem Jahr seien die Gasimporte aus Russland nach Europa seit dem ersten Quartal des Jahres 2023 um rund 50 Prozent gestiegen. Mehr noch: Rohstoffanalysten haben festgestellt, dass die nicht-russischen LNG-Ströme in die EU seit April um rund 140 Milliarden Kubikmeter pro Tag zurückgegangen sind.
Die westliche Presse rollt also schwere Geschütze auf. Das Portal OilPrice führt in seinem Artikel beispielsweise die Ergebnisse der belgischen Wirtschaftsdenkfabrik Bruegel als Argument an, die "im Detail untersucht hat, was die EU erwartet, wenn der russische Gasfluss versiegt":
"Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass die EU den nächsten Winter ohne russisches Gas wahrscheinlich nicht nur überleben, sondern auch eine wirtschaftliche Katastrophe vermeiden wird. Dazu muss Europa jedoch ernsthafte technische und regulatorische Hürden überwinden und seinen jährlichen Erdgasbedarf um 10 bis 15 Prozent senken, da die Importe aus anderen Ländern nicht ausreichen werden, um die Speicher vor dem kommenden Winter wieder aufzufüllen."
Und um das Bestreben Europas zu fördern, endlich auf russisches Gas zu verzichten, betonen die Experten des Portals Oil Price unermüdlich:
"Laut Analysten ist der Verzicht auf russisches Gas in der EU bis auf das letzte Molekül eher eine Frage des politischen Willens. Und daran scheint es einigen europäischen Ländern zu mangeln."
Ob solche Publikationen den europäischen Ländern helfen werden, schneller wirtschaftlichen Selbstmord zu begehen und ihre Industrie durch den Gasentzug dauerhaft zu strangulieren, wird sich zeigen. Noch leistet Europa – wenn auch schwach – Widerstand.
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