Ukraine: Gesetzesentwurf zum Verbot der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche beschlossen

Am 20. August 2024 nahm die Werchowna Rada einen Gesetzentwurf als Ganzes an, der das Verbot der Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vorsieht. Laut Wladimir Selenskij soll diese Entscheidung die "geistige Unabhängigkeit der Ukraine" stärken.

Die Werchowna Rada hat am Dienstag in der ersten Lesung den Gesetzentwurf Nr. 8371 in seiner Gesamtheit verabschiedet, der künftig das Verbot der kanonischen Traditionskirche der Ukraine "Ukrainisch-Orthodoxen Kirche" (UOK) vorsieht. Das Gesetz unter dem Titel "Über den Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung im Bereich der Tätigkeit religiöser Organisationen" tritt innerhalb von 30 Tagen nach seiner Veröffentlichung in Kraft. 

Bei dem Gesetz geht es vor allem darum, jegliche Beziehungen und geistliche Verbindungen zur Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK) zu kappen. Die UOK-Gemeinden hätten nach Inkrafttreten des Gesetzes neun Monate Zeit, ihre angeblichen Beziehungen zur ROK zu beenden. Praktisch würde das jedoch die Auflösung oder den Übertritt zur sogenannten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) bedeuten. 

265 Rada-Abgeordnete stimmten für den entsprechenden Beschluss, weitere 29 stimmten dagegen und 4 enthielten sich. Die eifrigste Befürworterin des Gesetzes war von Anfang an die Partei des Ex-Präsidenten Pjotr Poroschenko, "Europäische Solidarität". In den letzten Wochen gelang es auch, die Mehrheit der größten Parlamentsfraktion "Diener des Volkes" für den Beschluss zu sichern. Am Vortag hatte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij eine Entscheidung angekündigt, die angeblich die "geistige Unabhängigkeit der Ukraine" stärken soll. 

Der Abgeordnete Artem Dmytruk war einer der wenigen Politiker, die dagegen gestimmt haben. Er sagte, das Gesetz 8371 sei "ohne Diskussion" verabschiedet worden und "die ganze Rada jubelt." Er initiierte eine Live-Übertragung aus dem Saal der Werchowna Rada und kommentierte die Verabschiedung des Gesetzes 8371 mit den Worten:

"Der orthodoxe Glaube ist in unserem Staat verboten worden."

Bereits im Oktober 2023 verabschiedete die Werchowna Rada in erster Lesung einen Gesetzentwurf zum Verbot der UOK. Diese erklärte ihrerseits, dies sei ein Verstoß gegen die Verfassung des Landes und die Menschenrechtskonvention. Robert Amsterdam, der Anwalt der UOK, forderte am 12. August Selenskij in einem Brief dazu auf, das besagte Dokument zurückzuziehen, da es gegen die internationalen Verpflichtungen des Landes zur Religionsfreiheit verstoße. Amsterdam drohte damit, dass Selenskij andernfalls wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich verfolgt werden könnte.

Seit Jahren setzen die ukrainischen Behörden die UOK beispiellosen Schikanen aus. Mit ca. 8.000 Gemeinden bleibt sie nach wie vor die größte im Land. Unter Verweis auf ihre Verbindungen zu Russland beschlossen regionale Behörden ein Verbot von Aktivitäten der UOK. Mit Billigung und Ermutigung vonseiten der Regierung in Kiew beschlagnahmen Nationalisten der Ersatz-Kirche OKU gewaltsam Kirchen der UOK und greifen Priester an. Gegen Geistliche werden Anklagen wegen Hochverrats und anderer Verbrechen erhoben und sie werden mit Sanktionen belegt. Nach Angaben des Sicherheitsdienstes der Ukraine wurden bis November 2023 siebzig Strafverfahren gegen Geistliche der UOK eingeleitet, von denen neunzehn verurteilt wurden: Ihnen wurde die Staatsbürgerschaft entzogen.

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