Die tschechische Regierung hat sich in einem Brief an die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission darüber beklagt, dass Deutschland für Tschechien bestimmtes Gas zurückhalte. Das berichtete Bloomberg am Freitag. Konkret beklagt Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela in seinem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die EU-Energiekommissarin Kadri Simson eine "deutliche Senkung der Kapazität" am deutsch-tschechischen Grenzübergabepunkt in Brandov.
Damit, so Síkela, steige das "Risiko", dass mehr Erdgas aus Russland nach Mittel- und Osteuropa importiert werden müsse. Von Brandov führen die Opal- und Eugal-Pipelines nach Lubmin an der deutschen Ostseeküste, wo bis zu deren Sprengung das russische Gas aus den Nord-Stream-Pipelines ankam und wo in der Folge ein LNG-Terminal errichtet wurde. Die Ausspeisekapazität des Kopplungspunktes in Brandov soll von 69 Gigawattstunden auf 14,5 Gigawattstunden reduziert werden.
Das deutsche Gastransportunternehmen Gascade erklärte in einer Stellungnahme, dass der Wegfall russischer Importe sowohl zu insgesamt geringeren Gasmengen im deutschen Transportsystem als auch zu geringeren Transitmengen geführt habe. Die angebotenen Ausspeisekapazitäten nach Tschechien spiegelten diese grundlegend geänderte Marktsituation wider. Die Buchung "unterbrechbarer Kapazitäten" sei weiterhin unverändert möglich, hieß es.
Mittlerweile hat auch das Bundeswirtschaftsministerium auf die Vorwürfe aus Prag reagiert. Eine Sprecherin erklärte gegenüber der Berliner Zeitung:
"Wir nehmen die Sorgen der tschechischen Regierung ernst."
Zwar müsse die Versorgungssicherheit Osteuropas auch im Winter gewährleistet sein. Allerdings sieht sich das Ministerium hier offenbar nicht in der Verantwortung. Entscheidungen über Angebote und Buchungen von möglichen Kapazitäten für den Gastransport seien Sache der beteiligten Unternehmen.
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