Die NATO-Mitgliedsstaaten machen sich zunehmend Sorgen um das künftige Engagement Frankreichs in dem US-geführten Militärbündnis und seine Anstrengungen bei der Unterstützung der Ukraine, da die französische Rechte eine große Zahl an Parlamentssitzen gewinnen könne, berichtete Euractiv und berief sich auf mehrere Diplomaten.
Das rechte Rassemblement National (RN), das wiederholt den Sinn der NATO und ihrer Hilfe an die Ukraine in Frage gestellt hatte, ging aus der ersten Runde der überraschend von Präsident Emmanuel Macron angesetzten Parlamentswahlen mit 33 Prozent der Stimmen als stärkste Partei hervor. Macrons eigene zentristische Partei Ensemble wurde mit 20 Prozent nur Dritter.
Die zweite Runde ist für den 7. Juli angesetzt, und das RN könnte bis zu 280 Sitze in der Nationalversammlung erringen. Macron hatte die Überraschungswahlen nach dem vorhergehenden Erfolg des RN bei den Wahlen zum Europäischen Parlament vergangenen Monat angesetzt.
Am Donnerstag berief sich Euractiv auf anonyme Diplomaten mit der Aussage, die wiederholte Kritik der französischen Rechten an Macrons Außenpolitik, insbesondere an Militärhilfen für die Ukraine, besorge eine Reihe führender NATO-Verbündeter.
Selbst wenn das RN auf die Rolle der Opposition beschränkt bliebe, würde die Partei dennoch, merkte das Portal an, über beträchtlichen Einfluss im französischen Parlament verfügen.
Euractiv zitiert eine seiner Quellen mit der Aussage, Paris könne sich unter der neuen Führung für einen "sanften Ausstieg" aus der NATO entscheiden, indem es sich aus der militärischen Führung des Bündnisses zurückzieht – ein Schritt, der ein Vorbild in der französischen Geschichte hat.
1966 hatte Präsident Charles de Gaulle Paris aus dem integrierten Militärkommando des Bündnisses zurückgezogen, obwohl Frankreich eines der zwölf Gründungsmitglieder der NATO ist. Die Entscheidung wurde erst 2009 offiziell rückgängig gemacht.
Das RN könnte auf einen "weichen und subtilen" Rückzug hinarbeiten, nach dem Frankreich schlicht weniger qualifizierte Truppen in geringerer Anzahl auf gemeinsame NATO-Missionen schicken könnte, sagte der Militärexperte Michel Duclos zu Euractiv. Das Portal betonte ebenfalls, dass Frankreich eine überdimensionale Rolle in der Organisation spielt, was die Langfriststrategie der NATO bedeutend beeinträchtigt.
Marine Le Pen, die langjährige Vorsitzende des RN, die derzeit der Parlamentsfraktion vorsteht, hat bei vielen Gelegenheiten die Position von Präsident Macron zum Ukraine-Konflikt kritisiert. Sie hat wiederholt erklärt, die nationale Führung laufe Gefahr, Frankreich in einen Krieg gegen Russland zu ziehen. Die Partei hat sich zudem für Dialog mit Russland auf Grundlage wichtiger gemeinsamer Interessen eingesetzt.
Der derzeitige Vorsitzende des RN Jordan Bardella hat jedoch dem Bündnis gegenüber eine weichere Haltung eingenommen und am Freitag betont: "Es wird keinen Rückzug aus dem integrierten NATO-Kommando geben, solange der Krieg andauert."
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