Neu-Delhi hat nach dem Tod eines indischen Arbeiters, der angeblich in der Provinz Latina mit einem abgetrennten Arm am Straßenrand zurückgelassen wurde, die italienischen Behörden kontaktiert.
Satnam Singh hat nach Angaben der Gewerkschaft FLAI CGIL, einer italienischen Organisation für Arbeiter in der Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie, Heu geschnitten, als ihm eine Maschine den Arm abtrennte. Seine Frau und Freunde riefen die Polizei, und er wurde mit dem Hubschrauber nach Rom geflogen, aber die Ärzte stellten am Mittwoch seinen Tod fest.
Statt Hilfe von seinem Arbeitgeber zu erhalten, erklärte die FLAI CGIL, dass er "wie ein Sack Müll in der Nähe seiner Wohnung abgeworfen worden" sei. Satnam Singh arbeitete, wie AFP berichtete, ohne Papiere in Italien.
Die indische Botschaft erklärte auf X, ihr sei die Tragödie bekannt, und neben der Kontaktaufnahme zu italienischen Behörden bemühe sie sich, Singhs Familie konsularischen Beistand zu leisten.
Die italienische Arbeitsministerin Marina Calderone sagte dem Parlament, der Landarbeiter sei nach dem Unfall in "sehr kritischer Verfassung" im Stich gelassen worden. "Das war ein wahrer Akt der Barbarei", sagte sie laut AFP und fügte hinzu, eine Untersuchung sei eingeleitet worden, und drückte die Hoffnung aus, dass die Verantwortlichen bestraft würden.
Die italienische Demokratische Partei beschrieb den Tod Singhs als eine "Niederlage der Zivilisation". "Die abscheuliche Gewalt jener, die ihre Verantwortung verbargen, statt diesem jungen Arbeiter Hilfe zu leisten, hat unvermeidlich seine Überlebenschancen beeinträchtigt", erklärte die Partei laut AFP.
Latina, im Süden der italienischen Hauptstadt Rom gelegen, ist die Heimat von zehntausenden indischen Arbeitsmigranten, viele davon Berichten zufolge aus dem Bundesstaat Punjab. 2021 berichtete AFP, dass ein anderer indischer Migrant, Balbir Singh, bei einer Polizeirazzia befreit wurde, nachdem er sechs Jahre in einer "sklavenartigen" Lage auf einem Bauernhof in Latina verbracht hatte. Singh soll per Facebook und Whatsapp Vertreter der örtlichen indischen Gemeinde und italienische Menschenrechtsaktivisten um Hilfe gebeten haben.
Viele Inder reisen, von den Versprechungen höherer Löhne verleitet, ins Ausland, um einfache Tätigkeiten zu suchen. Seit Jahresanfang sind etwa 6.000 Inder nach Israel geflogen, um dort die Knappheit an Arbeitskräften seit dem Ausbruch des Krieges in Gaza zu kompensieren. Israel versucht schon länger, palästinensische Arbeitskräfte durch indische zu ersetzen, und im Mai 2023 unterzeichneten Westjerusalem und Neu-Delhi einen Vorabvertrag, nach dem die indische Regierung die Anwerbung ihrer Bürger für die israelische Bauwirtschaft erleichterte.
Anfang des Jahres wurde Patnibin Maxwell, ein indischer Arbeiter aus dem Staat Kerala, in einer israelischen Grenzstadt getötet, laut den Berichten durch eine Rakete, die aus dem Libanon abgeschossen wurde. Nach diesem Unglück riet die indische Regierung ihren Staatsangehörigen in Israel, in sicherere Gebiete auszuweichen.
Nach Angaben des indischen Außenministers gab es 2023 etwa 13 Millionen indische Staatsangehörige im Ausland, darunter "Arbeiter, Fachkräfte und Experten". Auch wenn einige Arbeiter in Europa unterkommen, arbeiten die meisten im Nahen Osten. Vergangene Woche kamen 46 Inder ums Leben, als in einem Gebäude im Bezirk Ahmadi in Kuwait, in dem vor allem indische Arbeiter wohnen, ein Feuer ausbrach.
Die Arbeitsbedingungen von Arbeitern in der italienischen Landwirtschaft sind immer wieder Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Nicht nur Inder, auch illegale Einwanderer aus Afrika werden vielfach unter primitiven Bedingungen und in Rechtlosigkeit gehalten.
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