Litauens Parlament erlaubt Umbettung von Gräbern sowjetischer Soldaten

Das litauische Parlament hat Gesetzesänderungen verabschiedet, die die Umbettung von Gräbern sowjetischer Soldaten ermöglichen. Anlass war eine Umfrage, bei der sich Einwohner einer Stadt für die Umbettung der Überreste am Eingang einer Kathedrale ausgesprochen hatten.

Der Seimas, das litauische Parlament, hat einer möglichen Umbettung sowjetischer Soldatengräber zugestimmt. Der entsprechende Gesetzesentwurf wurde am Donnerstag im Plenum behandelt. Insgesamt 89 Abgeordnete stimmten dafür, fünf enthielten sich. Gegenstimmen gab es keine. Nach den beschlossenen Änderungen dürfen Gräber umgebettet werden, wenn sie als "Propaganda für totalitäre oder autoritäre Regime und deren Ideologien" erkannt werden.

Die Entscheidung wurde als Reaktion auf eine Umfrage in der Stadt Šiauliai getroffen, bei der sich Einwohner dafür aussprachen, die Überreste sowjetischer Soldaten, die am Eingang der Kathedrale der Apostel Peter und Paul begraben sind, auf einen Friedhof umzubetten. Die Stadtbehörden antworteten, dass dafür zunächst eine Gesetzesänderung erforderlich sei.

Nun soll eine Kommission des Forschungszentrums für Völkermord und Widerstand des litauischen Volkes klären, ob die Gräber als Propagandasymbole eines totalitären oder autoritären Regimes zu werten sind.

Die aktuellen Entwicklungen in den baltischen Ländern spiegeln eine zunehmende Tendenz wider, sich von Symbolen zu distanzieren, die als Relikte der Sowjetära betrachtet werden. Nach Kriegsbeginn in der Ukraine begannen mehrere russische Nachbarländer, sowjetische Denkmäler abzureißen. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas kündigte im Sommer 2022 an, dass alle sowjetischen Denkmäler "aus dem öffentlichen Raum" des Landes entfernt würden. Im Februar setzte Moskau Kallas auf eine Fahndungsliste. Als Grund gab der Kreml "Schändung des historischen Gedächtnisses" und Feindseligkeit gegenüber Russland an.

Auch im Sommer 2022 wurden in Estland 22 Gräber sowjetischer Soldaten umgebettet. Die Maßnahme betraf zunächst Gräber an "ungeeigneten Orten" wie Parks, Grünflächen, Stadtplätzen und dicht besiedelten Gebieten. Hellar Lill, Direktor des estnischen Militärmuseums, bezeichnete es als unangemessen, die Überreste an Orten zu belassen, die von Menschen frequentiert werden.

Im November kündigte das Museum an, dass im Frühjahr die Überreste von 16 weiteren sowjetischen Soldaten umgebettet würden. Das russische Außenministerium erklärte, diese Entscheidung sei ohne Zustimmung der Angehörigen getroffen worden. Zudem widersprächen solche Handlungen "der allgemein anerkannten internationalen Praxis und der menschlichen Moral".

Ein weiteres Beispiel ist die Entfernung des "Bronzenen Soldaten" in der estnischen Hauptstadt, der 2007 von einem zentralen Platz in der Hauptstadt auf einen Militärfriedhof verlegt wurde. Das Denkmal war 1947 in Tallinn errichtet worden, um sowjetische Soldaten zu ehren, die im Zweiten Weltkrieg gegen Nazi-Deutschland gekämpft hatten. Für viele Esten symbolisierte die Verlegung des Denkmals den Bruch mit der sowjetischen Vergangenheit und die Bekräftigung ihrer nationalen Souveränität.

Allerdings führte die Entscheidung zu erheblichen Spannungen mit Russland und löste Proteste in der russischsprachigen Gemeinschaft Estlands aus. Es kam zu Unruhen, die als "Bronzene Nacht" bekannt wurden. Die Ausschreitungen führten zu mehreren Verletzten, einem Todesfall und zahlreichen Verhaftungen. Geschäfte und öffentliche Einrichtungen wurden beschädigt.

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