Die Wahl zum EU-Parlament war ein Ärgernis, meint der aus Brüssel berichtende Journalist Eric Bonse auf seinem Blog "Lost in Europe". Ein Ärgernis schon allein deshalb, weil sich die EU-Kommissionspräsidentin der Wahl faktisch entzogen habe. Ursula von der Leyen strebt zwar eine zweite Amtszeit an und hat sich zur Spitzenkandidatin der größten Fraktion EVP küren lassen. Wählen konnte man sie aber nicht, denn ihr Name tauchte auf keinem Wahlzettel auf. Zudem habe es auch keinen überzeugenden Gegenkandidaten gegeben, schreibt Bonse.
Die EU wurde durch die Wahl nicht gestärkt, sondern geschwächt. Die EU-Skepsis nehme zu, ist sich Bonse sicher. Dafür nennt er mehrere Gründe.
"Der eigentliche, tiefere Grund für die Krise ist aber, dass die Unzufriedenheit mit der Politik in Europa steigt – und zwar überall", schreibt der EU-Experte.
Die Wahl habe daher in einigen Ländern echte Krisen ausgelöst. In Frankreich soll es sogar Neuwahlen geben. Die Wahl war eine Abrechnung mit der EU, die ihre zentralen Versprechen nicht mehr erfüllt: Frieden, Stabilität und wachsender Wohlstand für alle. Zudem höhlen die Machtergreifungen der EU-Kommission die Souveränität der EU-Staaten immer weiter aus. Die EU-Bürger sind unzufrieden.
Der massive Rechtsrutsch sei ein Symptom der Krise der EU, so der Experte weiter. Allerdings sieht Bonse eine große Gefahr für die Demokratie in der EU selbst. Die Bedrohung sei nicht allein der Zuspruch der Wähler zu rechten Parteien. Eine große Gefahr gehe von den inneren Widersprüchen in der EU aus.
"Ja, die Demokratie ist in Gefahr – aber nicht nur wegen der Feinde im Innern und Äußeren, sondern auch wegen ihrer eigenen Widersprüche."
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