In einem Interview mit dem Fernsehsender TV2 sagte der ungarische Premierminister Viktor Orbán am Freitag, dass sich der Westen mit all den Diskussionen über die Entsendung zusätzlicher Waffen und sogar Truppen in die Ukraine "auf einem geraden Weg in einen Krieg befindet."
Orbán erinnerte an die anfänglichen Versprechen, nur nicht tödliche Hilfsgüter wie Helme nach Kiew schicken zu wollen. Das hatten die meisten EU-Länder, darunter auch Deutschland, zu Beginn des Konflikts im Jahr 2022 versprochen. "Es war keine Rede davon, den Ukrainern Ausrüstung zu liefern, die zum Töten von Menschen geeignet ist." Seitdem haben die westlichen Mächte Kiew jedoch eine breite Palette von Waffen und Munition geliefert.
Orbán warnte: "Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir aktuell nur noch Zentimeter vor der allerletzten Endstation entfernt stehen. Wenn westeuropäische oder amerikanische Soldaten auf dem Territorium der Ukraine auftauchen, sind wir nur noch Zentimeter von einem direkten Zusammenstoß [mit Russland] entfernt." Die meisten führenden Politiker, die derzeit im Westen an der Macht sind, "sehen das nicht, sie wollen Krieg". Noch sei aber der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gebe, nicht erreicht. Zur Verhinderung eines Krieges mit Russland brauche es einen Wechsel in den westlichen Regierungen.
"Wir befinden uns im vorletzten Moment, um den Ausbruch des Krieges zu verhindern. Dazu müssen wir einen Wandel in Brüssel und Washington erreichen. … Wenn die europäischen Führer heute Frieden wollten, gäbe es innerhalb von 24 Stunden einen Waffenstillstand an der Front."
"Sie bräuchten nur zu sagen: Liebe Ukrainer, ein Waffenstillstand ist notwendig, wir müssen aufhören, wir werden keine weiteren Waffen und kein Geld geben, solange es keinen Waffenstillstand und keine Friedensverhandlungen gibt", erklärte der ungarische Premier weiter. Die Chancen für ein Friedensabkommen seien größer, wenn Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen im November gewinne und "diesen Krieg innerhalb von 24 Stunden beende", wie er es versprochen habe.
Orbán bestand darauf, dass Ungarn sich nicht an einer möglichen NATO-Aktion in der Ukraine beteiligen sollte. Der Militärblock sei zu dem Zweck gegründet worden, die Mitgliedsstaaten vor Aggressoren zu schützen, und nicht, um außerhalb des eigenen Territoriums Krieg zu führen, so der ungarische Premier. Ungarn hat die westliche Herangehensweise an den Ukraine-Konflikt stets kritisiert und sich gegen die Finanzierung und Bewaffnung der Ukraine durch die NATO sowie gegen die weitreichenden Sanktionen gegen Russland ausgesprochen und stattdessen einen Waffenstillstand und eine diplomatische Lösung gefordert.
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