Wegen "Agenten-Gesetz": USA drohen Georgien mit Sanktionen

Am Montag trat in Georgien das sogenannte Agenten-Gesetz in Kraft, dass ausländische Einflussnahme transparent machen soll. Einen Tag später drohen die USA bereits mit Sanktionen. Tiflis spricht von einem "beispiellosen Vorgang" – dabei hatte es sich bei dem Gesetz doch selbst nur ein Beispiel an den USA genommen.

Washington werde es sich nicht zweimal überlegen, ob es einzelne Sanktionen gegen georgische Vertreter verhängen wird, als Reaktion auf das von der ehemaligen Sowjetrepublik eingeführte "Agenten-Gesetz". Das erklärte das US-Außenministerium.

Der "Transparency of Foreign Influence Act" ("Gesetz über die Transparenz ausländischer Einflussnahme") trat am Montag in Kraft, nachdem es zuvor zu vom Westen unterstützen Straßenprotesten und einem Patt zwischen der georgischen Regierung und der prowestlichen Präsidentin des Landes, Salome Surabischwili, gekommen war. Surabischwili hatte ein Veto gegen das Gesetz eingelegt, wurde aber letztendlich vom Parlament überstimmt

Das Gesetz schreibt vor, dass Nichtregierungsorganisationen, Medien und Einzelpersonen, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, ihre Geldgeber offenlegen und sich als Organisationen registrieren lassen müssen, die "die Interessen einer ausländischen Macht fördern."

Das neue Gesetz "entfernt Georgien von seinem demokratischen Kurs und könnte die Zivilgesellschaft stigmatisieren und die Versammlungs- und Meinungsfreiheit unterdrücken", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Montag bei einem Briefing.

Die Maßnahmen von Tiflis "verändern die Beziehungen der USA zu Georgien grundlegend", so Miller. Washington habe eine Überprüfung seiner Beziehungen zu dem Kaukasusstaat eingeleitet, der ein Hoffnungsträger der EU und der NATO sei, fügte er hinzu.

"Wir haben eine neue Sanktionspolitik [gegen Georgien] angekündigt. Wir haben noch keine individuellen Sanktionen angekündigt (...), aber wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht zögern würden, sie zu verhängen", warnte der Sprecher.

Ende Mai kündigte die Regierung von US-Präsident Joe Biden an, dass sie damit beginnen werde, Visa für georgische Politiker einzuschränken, die bei der Verabschiedung des Gesetzes über "ausländische Agenten" eine Rolle gespielt haben.

Mamuka Mdinaradze, die die regierende Partei "Georgischer Traum" im Parlament anführt, äußerte ihr Unverständnis über den Schritt der USA:

"Es ist beispiellos und gleichzeitig komisch, einen vom Volk gewählten Abgeordneten dafür zu bestrafen, dass er ein Gesetz nach eigenem Ermessen verabschiedet hat."

Mdinaradze betonte, dass "die nationale Unabhängigkeit nicht für ein Visum verkauft" werde.

Am Montag sagte der georgische Premierminister Irakli Kobachidse während einer Kabinettssitzung, dass die Einführung des Gesetzes "nicht als Sieg für die Regierung oder als Niederlage für die Gegner des Gesetzes oder internationale Partner angesehen werden sollte."

"Nur die Böswilligen unseres Landes" seien diejenigen, die durch das neue Gesetz besiegt worden seien, betonte Kobachidse. Jetzt, wo das Gesetz in Kraft getreten ist, sollten alle politischen Kräfte des Landes "pragmatisch handeln (...) und unnötige Emotionen beiseite lassen", forderte er.

Washington und seine Verbündeten werfen Tiflis vor, das Gesetz sei "unvereinbar mit demokratischen Werten" und sei – so die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre – im "Kreml-Stil" verfasst. 

Tatsächlich orientiert sich das von westlichen Medien zumeist als "prorussisch" bezeichnete neue Gesetz in Georgien an dem 2012 von Russland eingeführten "Gesetz über ausländische Agenten". Dieses allerdings ist eine fast vollständige Kopie einer ähnlichen US-amerikanischen Richtlinie, die 1938 verabschiedet wurde – des "Foreign Agents Registration Act". Allerdings ist die US-Fassung deutlich restriktiver als die russische Version, was die Kritik aus Washington für Tiflis umso unglaubwürdiger erscheinen lässt.

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