Der estnische Präsident Alar Karis hat erklärt, dass sinnvolle Gespräche über die Beendigung des Ukraine-Konflikts erst dann stattfinden können, wenn Moskau vollständig unterworfen ist.
In einem Interview mit der Nachrichten-Website Yle am Sonntag sagte er im Vorfeld des Staatsbesuchs des finnischen Präsidenten Alexander Stubb am Montag in Tallinn: "Wir werden alles tun, um Russland und Putin in die Knie zu zwingen. Dann wird es möglich sein, ernsthafte Verhandlungen über die Beendigung des Krieges in der Ukraine zu beginnen."
Karis zeigte sich skeptisch, ob Russland sich schnell genug ändern könne, "um auf unser [westliches] Verständnis von Demokratie zu reagieren". Das Staatsoberhaupt Estlands rief die westlichen Mächte dazu auf, den Druck auf Moskau zu verstärken ‒ unter Bezugnahme auf die von der EU und den USA seit Beginn des Konflikts verhängten Sanktionen ‒ mit dem Ziel, die öffentliche Unzufriedenheit unter den einfachen Russen zu schüren, um so einen politischen Wandel zu erzwingen.
Russland habe eine "Chance" gehabt, als die Sowjetunion zu Ende ging, aber dann sei etwas "schiefgelaufen", und jetzt würden selbst ein Regierungswechsel und die Absetzung von Präsident Wladimir Putin nicht die vom Westen gewünschte Wirkung haben, so Karis. "Vielleicht muss man ein wenig länger warten, viele ähnliche Führungspersönlichkeiten, bevor sich etwas ändert", fuhr er fort.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kommentierte gegenüber RIA Nowosti die Aussage von Karis, Russland in die Knie zwingen zu wollen, mit den Worten: "Und wie geht das? Er soll es zeigen."
Zielvorgabe: Die Zerschlagung Russlands als Staat
Wie auch seine baltischen Nachbarstaaten, setzt Estland auf eine massive Eskalation des Ukraine-Konflikts ‒ mit dem Ziel, die Russische Föderation zu zerschlagen und in viele kleine Staaten aufzuteilen. Dies erklärte Estlands Premierministerin Kaja Kallas vergangene Woche auf der außen- und sicherheitspolitischen Lennart-Meri-Konferenz in der estnischen Hauptstadt Tallinn.
Dort hatten laut einem Bericht des Spiegel Vertreter der baltischen Staaten sowie Polens die anwesenden Regierungsvertreter aus Berlin vor den Folgen der deutschen Politik gewarnt, die aus ihrer Sicht zu zaghaft gegenüber Moskau sei:
"Ihr Argument geht so: Gelingt den Russen im Osten der Ukraine ein strategischer Durchbruch, weil der Westen Kiew nur halbherzig hilft, könnte sich die Lage dramatisch zuspitzen. In einem solchen Fall würden die baltischen Staaten und Polen nicht warten, bis russische Truppen an ihrer Grenze aufmarschierten, warnten die baltischen Politiker – sie würden also selbst Truppen in die Ukraine schicken."
Wie der Spiegel zurecht anmerkt, würde die NATO dann zur "Kriegspartei" ‒ und ein Dritter Weltkrieg wäre wahrscheinlich kaum noch abzuwenden. Die estnische Regierung nimmt ein solches Risiko offenbar in Kauf, obwohl ihr Land in einem derartigen Fall wohl mit als erstes von der Landkarte verschwinden würde. Schließlich fordert Kaja Kallas die NATO-Staaten weiterhin auf, "alle Optionen auf dem Tisch" zu behalten, um sicherzustellen, dass Moskau "den Krieg verliert".
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