Ein halbes Jahr nach den Parlamentswahlen scheint nun eine Koalitionsregierung in den Niederlanden zu stehen. Der künftige Premierminister soll nach Aussage des Chefs der Freiheitspartei, Geert Wilders, noch im Laufe des Tages bekannt gegeben werden.
Die neue Koalition wird aus Wilders' PVV, der Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), der Partei Neuer Sozialer Vertrag (NSC) und der BauernBürgerBewegung (BBB) gebildet. Nach der Wahl hatten sowohl die VVD als auch die NSC ursprünglich erklärt, nicht mit Wilders regieren zu wollen.
Die Partei PVV des Rechtspopulisten Geert Wilders ist eine ungewöhnliche Konstruktion, denn er selbst ist das einzige Mitglied dieser Partei. Es gibt sie seit 2006. Bei den Wahlen im Jahr 2023 wurde sie zur stärksten Fraktion der Zweiten Kammer, des eigentlichen niederländischen Parlaments (die Erste Kammer entspricht in etwa dem Deutschen Bundesrat als Vertretung der Provinzen). Schon vor der Wahl erklärte er, er sei bereit, auf einige islamfeindliche Forderungen seiner Partei zu verzichten, um eine Koalition bilden zu können. Sie erreichte bei den Wahlen 24,7 Prozent.
Im Gegensatz zur EU-kritischen PVV stellte die VVD mit Mark Rutte in den letzten Jahren einen extrem EU-freundlichen Ministerpräsidenten. Auch der einst berüchtigte EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein stammte aus der VVD. Wilders war vor Gründung seiner eigenen Partei Mitglied der VVD gewesen, ehe er sich vor allem wegen der Migrationspolitik von ihr trennte. Sie erreichte bei den Wahlen 16 Prozent.
Die NSC ist die neueste Partei der künftigen Koalition; ihr Gründer Pieter Omtzigt war ursprünglich in der christdemokratischen CDA und gründete die neue Partei nach dem Titel eines von ihm verfassten Manifestes erst im August 2023. Sie erreichte bei den Wahlen 13,3 Prozent.
Die BBB, die im Oktober 2019 aus Bauernprotesten gegen die EU-Politik entstand, war in all diesen Protesten der wichtigste Gegenspieler der Regierung Rutte. Sie ist unter den Parteien in der Zweiten Kammer mit einem Wahlergebnis von 4,7 Prozent am schwächsten vertreten.
Als Ministerpräsident soll der ehemalige Innenminister Ronald Plasterk im Gespräch sein, Mitglied der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA), die nicht Teil dieser Koalition ist.
Die Parteien müssen nun noch jeweils dem 25 Seiten umfassenden Kompromissdokument zustimmen, das die Grundlage für die Arbeit der Koalition bilden soll. Danach wird das Dokument veröffentlicht.
Mehr zum Thema - Jetzt auch Niederlande und Italien: Bauernproteste in Europa weiten sich aus