In einem Interview mit der Zeitung La Tribune wurde Gérard Larcher als Präsident des Senats, der zweiten Kammer des Parlament neben der Nationalversammlung, am Sonntag gebeten, Macrons Erfolgsbilanz nach fast sieben Jahren seiner Präsidentschaft zu bewerten.
"Es ist enttäuschend. Ich habe den Eindruck, dass wir nicht dasselbe Land wahrnehmen, dass wir nicht dasselbe Frankreich fühlen", antwortete der Politiker und zählte mehrere Themen auf, die "Emmanuel Macrons Realitätsverweigerung illustrieren".
Larcher wies als ein führender Politiker der gaullistischen Partei Les Républicains auf einen deutlichen Rückgang der Qualität des Schulunterrichts hin und zitierte als Beleg die jüngste PISA-Studie (Programme for International Student Assessment), wonach französische Jugendliche in Naturwissenschaften und Mathematik auf Platz 26 und im Leseverständnis auf Platz 29 landen.
"Es ist nicht nur eine Geschichte von Geld und Ressourcen. Es ist ein Problem der Wertevermittlung, des Respekts vor der Autorität des Lehrers und der Bewahrung des Laizismus, insbesondere in der Öffentlichkeit", kommentierte Larcher das.
Er wies auch auf das Gesundheitswesen hin, das für die Franzosen nach wie vor "ein großes Problem darstellt", da das Krankenhaussystem immer mehr "bürokratisiert" wird.
"Obwohl wir das Land mit den höchsten öffentlichen Ausgaben sind, hat sich unser Gesundheitssystem stark verschlechtert", sagte der Senatspräsident und fügte hinzu, dass Millionen von Franzosen jedes Jahr gezwungen sind, sich privat behandeln zu lassen, da die Krankenhäuser zu 34 Prozent mit nichtmedizinischem Verwaltungspersonal besetzt sind.
Larcher wies auch auf einen Mangel an "staatlicher Autorität" hin, mit einer Eskalation der Straßengewalt, städtischen Unruhen, Drogenhandel, Missachtung der Strafverfolgungsbehörden und einer allgemeinen Verschlechterung der Kriminalitätslage im Land.
"All dies schafft Misstrauen. Ich sage nicht, dass es die Regierung nicht versucht hat. Ich sage auch nicht, dass es einfach ist. Aber das verbietet jede Form von Selbstzufriedenheit", resümierte der Senatspräsident.
Emmanuel Macron kam 2017 zum ersten Mal an die Macht und besiegte damit die rechtsgerichtete Kandidatin Marine Le Pen. Im Jahr 2022 wurde er wiedergewählt und versprach nun "eine neue Art des Regierens", da die Franzosen "müde von Reformen sind, die von oben kommen".
Während seinen Amtszeiten kam es immer wieder zu öffentlichen Unruhen, insbesondere 2023 zu Protesten gegen die Rentenreform, durch die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben wurde.
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