Die Slowakei hat seit Anfang des Jahres einen Anstieg der illegalen Migration aus der Ukraine um 82 Prozent zu verzeichnen. Dies sagte Tibor Gašpar als Vorsitzender des Ausschusses für Verteidigung und Sicherheit des slowakischen Parlaments bei einem Treffen der parlamentarischen Sicherheits- und Verteidigungsausschüsse der Visegrád-Länder in Prag. Dies sei nach seiner Darstellung zweifellos eine Reaktion auf die kürzlich von Kiew verabschiedete Änderung des Gesetzes zur Mobilmachung, berichten slowakische Medien am Montag.
"Der Anstieg, den wir in den ersten vier Monaten verzeichnet haben, liegt bei 82 Prozent. In absoluten Zahlen ist es nicht so viel, wir sprechen von 300 illegalen Migranten, die versucht haben, die Schengen-Grenze abseits von Grenzübergängen zu überqueren", stellte Gašpar klar und fügte hinzu, dass es Überlegungen gibt, der Ukraine bei der Registrierung und Rückführung einiger ihrer Bürger in die ukrainische Armee zu helfen. Angesichts des Ausmaßes der Mobilmachung sei es möglich, dass auch die Nachbarländer der Ukraine mit dieser Unterkategorie der irregulären Migration konfrontiert würden, fügte der Politiker hinzu.
Derweil versucht die Ukraine mit konsularischen Druckmitteln, die im Ausland lebenden ukrainischen Männer zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen, indem ihnen die konsularischen Dienste wie etwa die Beantragung eines neuen Reisepasses verweigert werden. Der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba bestätigte am Dienstag in einem Social-Media-Posting, dass er die Änderung der Politik angeordnet habe und damit Männer nötigen will, für eine mögliche Einberufung zum Militärdienst in die Ukraine zurückzukehren. Es sei unmöglich für einen Staat, der sich um sein Überleben kümmert, den flüchtigen Männern im wehrpflichtigen Alter Dienste zu leisten, schrieb er auf X.
Im Januar 2024 wurden laut der Datenbank der EU-Statistikbehörde Eurostat etwa 4,3 Millionen Ukrainer in den Ländern der Europäischen Union gezählt, darunter etwa 650.000 Männer im wehrfähigen Alter. An der Spitze stehen Deutschland mit 1.286.000 ukrainischen Flüchtlingen und Polen mit 957.000 Ukrainern.
Polen hat sich schon bereit erklärt, der Ukraine bei der Rückführung von Männern im wehrfähigen Alter zu helfen, damit diese ihr Heimatland im Krieg gegen Russland unterstützen können, erklärte der polnische Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz am Mittwoch. Es ist jedoch zu erwarten, dass nur wenige Ukrainer freiwillig zurück in die Ukraine gehen werden. Möglich ist dagegen, dass immer mehr Männer die Staatsbürgerschaft ihrer Gastländer beantragen werden oder sich nach Russland und in andere GUS-Staaten absetzen werden.
Letzte Woche billigte die Werchowna Rada in Kiew den Gesetzentwurf über die Aufstockung des staatlichen Grenzschutzes der Ukraine um 15.000 Beamte auf die Gesamtzahl 75.000 "Grenzschützern". Viele Experten sehen in der Verstärkung der Grenztruppen den Versuch, der Flucht von Männern vor der Mobilmachung vor allem an der westlichen Grenze Einhalt zu gebieten.
Seit Beginn der militärischen Sonderoperation wurden in der Ukraine mehr als 11.000 Strafverfahren wegen Wehrdienstverweigerung oder Verletzung der militärischen Registrierung eingeleitet. Das berichteten am Montag ukrainische Medien unter Berufung auf das Büro des Generalstaatsanwalts. Die meisten Wehrdienstverweigerer stammen aus den Regionen Transkarpatien, Nikolajew und Dnjepropetrowsk. Der staatliche Grenzdienst der Ukraine hatte zuvor erklärt, dass täglich bis zu zehn Ukrainer versuchen, das Land mit gefälschten Dokumenten zu verlassen, um der Mobilmachung zu entgehen.
In den ukrainischen sozialen Medien kursieren regelmäßig Videos von "Zwangsmobilmachungen" und Konflikten zwischen Bürgern und den mit der Rekrutierung beauftragten Militärangehörigen in verschiedenen Städten. Gleichzeitig versuchen Männer im wehrpflichtigen Alter, das Land mit allen Mitteln zu verlassen, wobei sie oft ihr Leben riskieren. Am 16. April unterzeichnete der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij ein Gesetz zur Verschärfung der Mobilisierung, das die Mobilmachung von Hunderttausenden weiterer Ukrainer ermöglicht.
Mehr zum Thema - Ukrainische Konsulate: Für Männer im wehrfähigen Alter gibt es nur noch Dokumente für die Heimreise