Gebühr auf Gas-Exporte: EU-Kommission droht Deutschland mit Verfahren wegen Vertragsverletzung

Deutschland erhebt eine sogenannte "Neutralitätsabgabe" auf den Export von Erdgas in seine Nachbarländer. Die Betroffenen sehen darin eine Verletzung der Regeln für den EU-Binnenmarkt und fordern, ein Strafverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Im Wirtschaftsministerium reagiert man wie gewohnt dünnhäutig.

Das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Leitung des Vize-Kanzlers Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) stellt den abrupten Ausstieg aus dem Bezug von russischem Erdgas als vollen Erfolg dar. In kurzer Zeit sei es gelungen, sich aus der angeblichen früheren "Abhängigkeit von Russland" zu befreien, behauptet der Wirtschaftsminister. Der deutsche Vertragsbruch gegenüber Russland hat allerdings einen hohen Preis für viele andere, denn der Bezug von Gas aus alternativen Quellen ist teuer.

Da Deutschland auch gegenüber Abnehmerländern in vertraglichen Verpflichtungen steht, die wie bisher von Deutschland aus mit Gas beliefert werden müssen, kam man in der Bundesregierung auf die Idee, die drohenden finanziellen Verluste infolge höherer Gaspreise für die Fortsetzung des Imports durch eine "Neutralitätsabgabe" auf den Export an Abnehmerländer wieder auszugleichen. Diese "Neutralitätsabgabe" musste nun seit ihrer Einführung bereits auf das Dreifache erhöht werden, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Es handele sich dabei um eine Form von Exportzoll und damit um eine vertragswidrige Handelsbarriere innerhalb der EU, argumentieren nun einige Abnehmerländer und fordern von der EU-Kommission die Einleitung von Maßnahmen gegen Deutschland. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, man sei in der Angelegenheit mit Deutschland in Kontakt. 

Im Bundesministerium für Wirtschaft reagiert man wie gewohnt dünnhäutig und hat kein Verständnis für diese Beschwerde über die massiv gestiegenen Bezugskosten der Abnehmerländer. Auch glaubt man im Ministerium unter Habeck nicht, dass der hohe Preis dazu führen könnte, dass Länder Osteuropas wieder auf direkten Bezug von russischen Gas zurückgreifen könnten:  

"Der Handel zwischen den Mitgliedstaaten wird durch die Abgabe nicht eingeschränkt, daher gibt es keinen Grund, auf russisches Gas umzusteigen", heißt es dazu aus dem BMWK.

Auch zeigt man sich im BMWK immer wieder überrascht von der Tatsache, dass in einer Marktwirtschaft der Preis für Lieferanten wie Kunden ein entscheidender Faktor ist. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden innerhalb der EU (ACER) erklärte in diesem Zusammenhang eindeutig, die von Deutschland erhobene Gebühr wirke sich auf den Gaspreis in den Abnehmerländern aus. 

Dennoch lehnt die Bundesregierung im Einklang mit dem Bundeswirtschaftsminister Habeck die Wiederaufnahme des Bezugs von günstigem russischem Gas durch den noch verbliebenen intakten Strang der neuen Trasse Nord Stream 2 durch die Ostsee weiterhin ab. Russland hat mehrfach angeboten, Deutschland weiterhin über Nord Stream zu versorgen, was einen sofortigen positiven Effekt auf die deutsche Wirtschaft hätte.

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