Zwei Versicherungen, die Versicherungsbörse Lloyd's of London und die Versicherungssparte Arch Insurance der Arch Capital Group Ltd. vom britischen Übersee-Territorium Bermuda, weigern sich einem Bericht zufolge, dem Betreiber Nord Stream AG nach der Sprengung von drei Strängen der beiden Ostsee-Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2 eine Entschädigung zu zahlen. Die Versicherungspolicen für die 2022 gesprengten Pipelines würden angeblich keine Schäden abdecken, die bei militärischen Kampfhandlungen entstehen, berichtete die russische Zeitung Kommersant am Donnerstag unter Berufung auf eine Klage, die die beiden Versicherer beim Londoner High Court eingereicht haben.
Die Klage geht auf einen Antrag der Nord Stream AG vom März 2024 zurück. Das Unternehmen, das zu 51 Prozent dem russischen Energieriesen Gazprom gehört, hatte damals behauptet, die Versicherer weigerten sich, 400 Millionen Euro für Schäden zu zahlen, die durch die Explosionen entstanden waren, meldete bereits die Financial Times. Die Versicherer gehen davon aus, dass der Höchstbetrag der Entschädigung auf 200 Millionen Euro begrenzt sei.
Berichten zufolge schätzt die Nord Stream AG, dass die vollständige Reparatur der Explosionsschäden und der Ersatz der dabei verlorenen Gasvorräte mehr als 1,2 Milliarden Euro kosten würde.
Die beiden Versicherer hätten daraufhin argumentiert, dass "Verluste oder Schäden, die direkt oder indirekt durch Krieg oder als Folge von Krieg verursacht werden", von den Policen nicht gedeckt seien. Der Krieg in der Ukraine, der im Februar 2022 begonnen habe, erfülle die Begriffe "Krieg", "Invasion" und " Kriegshandlungen". Laut Kommersant argumentieren die Versicherer, dass der Schaden "von einer Regierung oder auf Befehl einer Regierung" verursacht worden sein könnte.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa fragte daraufhin nach Details:
"Wer kämpft gegen wen? Ich will daran erinnern, dass sich die westlichen Länder offiziell nicht im Krieg mit Russland befinden, was sie selbst immer wieder betonen."
Die Weigerung der Versicherer, ihren direkten Verpflichtungen nachzukommen, sei ein weiteres Zeichen für die Zerstörung der Marktwirtschaft im Westen. Sacharowa warnte davor, dass mit diesem Verhalten bald niemand mehr den westlichen Versicherungsfirmen vertrauen werde.
Die für die Lieferung von russischem Erdgas nach Deutschland gebauten Pipelines wurden im September 2022 von Unbekannten beschädigt. Durch die Explosionen wurden mehrere Lecks in den Pipelines innerhalb der schwedischen und der dänischen Wirtschaftszone der Ostsee verursacht. Diese Rohre waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht im Regime des Gastransports, enthielten aber Gas unter betriebsbereitem Druck.
Deutschland, Dänemark und Schweden haben kurz nach den Sabotageakten getrennte Untersuchungen eingeleitet, deren Ergebnisse jedoch noch nicht veröffentlicht wurden. Inzwischen haben Dänemark und Schweden ihre Ermittlungen bereits offiziell wieder eingestellt. Russland warf dem Westen vor, gemeinsame Ermittlungen zu blockieren.
Wer hinter dem Sabotageakt steckt, ist weiterhin unklar. Der US-Reporter Seymour Hersh hat in einem Bericht die USA als Urheber der Pipeline-Sprengung verdächtigt. Das Rechercheteam des Nachrichtenmagazins Der Spiegel will zu dem Schluss gekommen sein, dass die Spuren in die Ukraine führen würden. Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete diese These als Unsinn. Eine derartige Aktion könnten lediglich Spezialisten durchführen, und "dazu gehört auch noch die Unterstützung eines Staates, der über die entsprechende Technologie verfügt", meinte Putin. Die Sprengung sei vielmehr ein "Akt des Staatsterrorismus" gewesen.
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