In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch besetzten polnische Landwirte das Agrarministerium und forderten ein Treffen mit Ministerpräsident Donald Tusk. Nach monatelangen Protestaktionen, Straßenblockaden und Blockaden der polnisch-ukrainischen Grenze sind sie frustriert, dass die Warschauer Regierung ihren Forderungen nach einem Stopp ukrainischer Getreidetransporte durch Polen weiterhin nicht nachkommt.
Die Proteste richteten sich zudem gegen den europäischen Green Deal. Am Mittwoch verließen sie das Ministerium ohne Ergebnis, berichtete das Nachrichtenmagazin Euractiv am Donnerstag. In der Zeitung Rzeczpospolita wurde der Bauernaktivist Wiesław Gryn von der Zamość Agricultural Society mit seiner Aussage zu den Forderungen der Landwirte zitiert:
"Der ukrainische Transit sollte eigentlich gestoppt werden, aber das Getreide wird immer noch durch Polen transportiert. Es sollte Änderungen beim Green Deal geben, aber es gibt keine."
Bis zum späten Dienstagabend hatten die Bauern zunächst mit Vertretern des Ministeriums verhandelt. "Man hat uns keine konkreten Vorschläge gemacht. Wir treten in einen Sitzstreik und bleiben im Ministerium, um mit dem Ministerpräsidenten zu sprechen […] und [gemeinsam] einen bestimmten Aktionsplan auszuarbeiten", sagte Tomasz Obszański von der Bewegung "Ländliche Solidarität".
Am Mittwochvormittag beendeten sie die Besetzung. Roman Kondrów von der Bewegung "Das betrogene Dorf" (Oszukana Wieś) erklärte am Mittwoch: "Wir haben auf die Regierung gezählt, um das Problem zu lösen, aber sie ignoriert alles." Um ihren Forderungen weiterhin Nachdruck zu verleihen, würden sie als Nächstes vor den Büros von Abgeordneten demonstrieren.
Laut einem tkp-Bericht vom Mittwoch hatten die Landwirte schon im März in Jasionka Vereinbarungen mit Landwirtschaftsminister Czesław Siekierski und dem stellvertretenden Minister Michał Kołodziejczak unterzeichnet, die am 1. April in Kraft treten sollten. Demnach sollte der Landwirtschaftsminister an Ministerpräsident Donald Tusk appellieren, die Durchfuhr embargobehafteter Agrarprodukte aus der Ukraine durch polnisches Hoheitsgebiet zu stoppen.
Wie das Landwirtschaftsministerium anschließend erklärte, habe sich die Politik an die Vereinbarung der Jasionka-Gespräche gehalten. Man habe Konsultationen auf Ministerebene zwischen Polen und der Ukraine durchgeführt und sich mit Vertretern der Landwirtschaftsverbände beider Seiten getroffen. "Die in Jasionka getroffenen Vereinbarungen wurden in erheblichem Umfang umgesetzt. [...] Wir halten ein Embargo für die Einfuhr von Getreide, Mais, Raps, Sonnenblumen, Mehl, Kleie und Schrot […] aus der Ukraine nach Polen aufrecht und arbeiten an der Beibehaltung der Höhe der Agrarsteuer für 2023", heißt es in der Erklärung.
Mitte 2022 hatte die EU-Kommission die Handelsbeschränkungen gegenüber der Ukraine ausgesetzt. Man wolle den Export von ukrainischen Landwirtschaftsprodukten erleichtern, die durch die russische Invasion behindert würden, so die Begründung. Seit der Zeit werde der polnische Markt mit ukrainischem Getreide und anderen Lebensmitteln, darunter Geflügel, Zucker, Eier, gefrorene Himbeeren und Apfelsaft, überschwemmt.
Zwar hatte die EU vorübergehend die Einfuhr von ukrainischem Getreide eingeschränkt, weigerte sich aber dann, die Einschränkung zu verlängern. Die vorherige polnische PiS-Regierung hatte daraufhin ein einseitiges Einfuhrverbot verhängt, das die jetzige Tusk-Regierung beibehielt. Allerdings ist der Transit der ukrainischen Produkte weiter zugelassen.
Währenddessen hat die EU im vergangenen Monat einige Umweltanforderungen gelockert und den Mitgliedsstaaten mehr Flexibilität bei der Umsetzung der Agrarpolitik zugestanden. Eine Mehrheit der Landwirte in Polen fordert jedoch die komplette Abschaffung des Green Deal, der ihrer Meinung nach zur Zerstörung der europäischen Landwirtschaft führe. Jacek Zarzecki vom polnischen Verband der Rinderzüchter und -produzenten sagte gegenüber Euractiv:
"Der Green Deal ist ein rein politisches Projekt, bei dem die Hauptlast des grünen Wandels dem Agrarsektor aufgebürdet wird."
Auf Nachfrage von Euractiv äußerte sich der niederländische Europaabgeordnete Bas Eickhout (Grüne/EFA) zur Sichtweise der europäischen Grünen zu den Protesten der polnischen Landwirte. Ihm zufolge müssten sich die Landwirte an die Vorschriften des Green Deal halten: "Wenn die Landwirte Subventionen erhalten wollen, muss ihre Produktion bestimmte Standards erfüllen, und dazu dient unter anderem der Green Deal", so der grüne EU-Abgeordnete.
Dafür setze sich Tusk nun auf EU-Ebene für Sanktionen gegen die russische und weißrussische Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ein. In der Zwischenzeit kündigte der Ministerpräsident den Umbau der polnischen Regierung an. Dieser Umbau beinhalte die Verabschiedung von fünf derzeitigen Ministern, darunter auch Landwirtschaftsminister Czesław Siekierski, so ein UNN-Artikel vom Dienstag.
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