Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, schlug auf seinem Telegram-Kanal vor, dass die Ukraine, nachdem sie ihre Niederlage eingestanden und ein provisorisches Parlament gebildet hat, das gesamte Territorium des Landes als russisches Territorium anerkennen und einen Akt der Wiedervereinigung mit Russland verabschieden sollte.
Als Präambel zu seinem Plan merkte Medwedew an, dass selbst in einfacheren Situationen in Kriegszeiten der Frieden entweder durch den gegenseitigen Willen der Parteien auf der Grundlage eines vernünftigen Kompromisses oder durch die Kapitulation einer der Konfliktparteien erreicht werden könne. Der Wille der "sogenannten ehemaligen Ukraine", zu verhandeln, sei nicht erkennbar – zumindest nicht auf der Grundlage der Anerkennung der Realitäten, wie Präsident Putin in einem am Mittwoch ausgestrahlten Interview sagte.
Medwedew stellte fest, dass für den Westen die "hirntote Friedensformel eines Provinzclowns" eine seriöse Verhandlungsgrundlage darstelle. Es führe kein Weg daran vorbei, eine eigene russische Formel als Alternative dazu zu konstruieren. Diese sei realistisch und human.
Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij schlägt seit mehreren Monaten eine "Friedensformel" vor, nach der sich die russischen Truppen bis zu den Grenzen der Ukrainischen SSR von 1991 zurückziehen sollen. Zugleich müsste Moskau Kiew umfassende Reparationen als Entschädigung für entstandene Kriegsschäden zahlen. Die westlichen Länder unterstützen diese Initiative und rufen weltweit diplomatische Treffen auf, um die Friedensformel zu besprechen.
Medwedews "russische Formel" für den Frieden in der Ukraine sieht sieben Punkten vor. Der Erste davon ist die Anerkennung der Niederlage Kiews in dem Konflikt, die bedingungslose Kapitulation und die Entmilitarisierung des Territoriums. "Anerkennung des Nazi-Charakters des ehemaligen politischen Regimes in Kiew durch die internationale Gemeinschaft und Durchführung der erzwungenen Entnazifizierung aller Machtorgane in der ehemaligen 'Ukraine' unter Aufsicht der UNO", lautet der zweite Punkt der von Medwedew beschriebenen Formel.
Danach müssten die Vereinten Nationen feststellen, dass die Ukraine ihre Rechtspersönlichkeit verloren hat und dass kein Nachfolgestaat ein Militärbündnis ohne die Zustimmung Russlands eingehen kann. Ein weiterer Schritt sei die Bildung eines provisorischen Parlaments unter der Schirmherrschaft der UNO durch Wahlen. Die gesetzgebende Körperschaft müsste ein Gesetz über die Zahlung von Entschädigungen an die russische Seite verabschieden und ein Verfahren zur Entschädigung für die in den russischen Gebieten entstandenen Schäden festlegen.
Als Nächstes müsse das provisorische Parlament der "Ex-Ukraine" den Prozess der Wiedervereinigung der ehemaligen ukrainischen Gebiete mit Russland einleiten, so Medwedew. Der letzte Punkt ist ihm zufolge die Selbstauflösung des Übergangsparlaments und die Anerkennung des Wiedervereinigungsgesetzes durch die Vereinten Nationen.
Ob Medwedews Plan seine eigene Initiative ist oder ob sie die künftigen russischen Bedingungen zu einem Friedensprozess skizzieren, ist vorerst unbekannt. Da der Ex-Präsident und langjährige Ministerpräsident bekanntermaßen zum engsten Kreis Wladimir Putins zählt, könnte man davon ausgehen, dass sein Plan zumindest mit Putin abgestimmt ist.
Der russische Präsident selbst sieht in der gegenwärtigen Lage in den Verhandlungen wenig Sinn. Die Regierung in Kiew hält er für nicht verhandlungsfähig und den Westen als Verhandlungsakteur für nicht vertrauenswürdig. Zu oft sei Russland zuvor vom Westen betrogen worden, so Putin.
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