Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) schlägt wegen eines "besorgniserregenden" Anstiegs der Fälle von sexuell übertragbaren Infektionen Alarm. Der von dem Zentrum veröffentlichte epidemiologische Jahresbericht beinhaltet die Ergebnisse für das Jahr 2022 für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWG), zu dem auch Island, Liechtenstein und Norwegen gehören.
Aus dem Dokument geht hervor, dass die Fälle von bakteriellen Infektionen wie Syphilis, Gonorrhoe (Tripper) und Chlamydien in der gesamten EU/EWR im Vergleich zu 2021 "signifikant" auf ein "beunruhigendes" Maß angestiegen seien. Gonorrhoe-Fälle hätten um 48 Prozent, Syphilis-Fälle um 34 Prozent und Chlamydien-Fälle um 16 Prozent zugenommen, heißt es in dem Papier. Der Bericht enthält aber keine Zahlen für virale Infektionen wie HIV und Hepatitis.
Andrea Ammon, die Direktorin des ECDC, nannte die Aufklärung über sexuelle Gesundheit, den erweiterten Zugang zu Tests und Behandlung sowie die Bekämpfung des Stigmas, das mit sexuell übertragbaren Krankheiten verbunden ist, als mögliche Maßnahmen, das Problem anzugehen. Ammon weiter:
"Leider zeichnen die Zahlen ein klares Bild, das unsere sofortige Aufmerksamkeit und unser Handeln erfordert."
Zugleich fügte die Direktorin unter Verweis auf nationale Unterschiede bei den Testverfahren und beim Zugang zu medizinischer Versorgung hinzu, dass diese Zahlen, "so hoch sie auch sind, sehr wahrscheinlich nur die Spitze des Eisberges darstellen".
Während sexuell übertragene Infektion wie Chlamydien, Gonorrhoe und Syphilis behandelbar seien, könnten sie immer noch zu ernsten Komplikationen führen, wenn sie unbehandelt blieben, etwa zu chronischen Schmerzen, Unfruchtbarkeit und – bei Syphilis – neurologischen und kardiovaskulären Komplikationen, so der Bericht.
Die Zahl der Geschlechtskrankheiten nimmt in der EU/im EWR seit Jahren zu. Gestoppt wurde diese Entwicklung lediglich während der COVID-19-Pandemie 2020–2021, als die Regierungen Maßnahmen zur sozialen Isolierung verhängten, die die Menschen zwangen, zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte zu vermeiden.
Als Gründe für den anhaltenden Anstieg nennt das ECDC, dass mehr Menschen sich zu Hause auf Geschlechtskrankheiten testen, aber auch ein risikoreicheres Sexleben. Ein sprunghafter Anstieg der Infektionen bei jungen heterosexuellen Menschen in den jüngsten Daten, insbesondere bei jungen Frauen, könnte auf ein verändertes Sexualverhalten nach der Pandemie zurückzuführen sein, so die EU-Agentur.
Vor der Pandemie erreichte die Zahl der gemeldeten Fälle von bakteriellen Geschlechtskrankheiten nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Europa im Jahr 2019 ein Allzeithoch.
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