Der Ex-Präsident und langjährige Premierminister Russlands, Dmitri Medwedew, meldete sich am Dienstag erneut zu Wort. In seinem gewohnt bissigen Stil kommentierte er die Kriegsrhetorik vieler europäischer Regierungsvertreter. Er ging auf Äußerungen von "Sunak, Scholz, Macron, der norwegischen, finnischen, polnischen und anderer NATO-Chefs" ein, die immer wieder sagen würden, dass "wir auf einen Krieg mit Russland vorbereitet sein müssen."
Medwedew wies zuallererst darauf hin, dass Russland keinerlei Pläne für einen Konflikt mit den NATO- und EU-Ländern habe. Obwohl dies "mehrfach wiederholt" worden sei, gehe trotzdem das "äußerst gefährliche Gerede zu diesem Thema" weiter. Medwedew nannte indes kein konkretes Beispiel für derlei Äußerungen seitens der besagten europäischen Regierungschefs. Abzielen könnte er mit seiner Kritik aber auf die deutliche Verschiebung der öffentlichen Debatten hin zu einem Kriegskurs, wie etwa das Gerede in Deutschland, das Land müsse "kriegstüchtig" werden, oder die Prognosen der Verteidigungsminister in den baltischen Staaten, dass Russland mit großer Wahrscheinlichkeit in der Zukunft die NATO-Ostflanke angreifen werde. "Ranghohe Politiker und Militärvertreter warnen vor einem russischen Angriff auf NATO-Staaten. Die Szenarien sind beunruhigend", titelt etwa die Süddeutsche Zeitung in diesem Zusammenhang. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Diese Verschiebung wird nachweislich von deutschen regierungsnahen Gremien wie etwa der DGAP gesteuert – RT DE berichtete.
Den Anstoß könnte auch ein offener Brief der Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Dänemarks, der Tschechischen Republik, Estlands und der Niederlande zu militärischen Ukraine-Hilfen liefern. In einem Artikel der Financial Times forderten sie die EU-Länder auf, ihre Anstrengungen zur Bereitstellung militärischer Hilfe für Kiew zu verdoppeln und insgesamt viel mehr Gelder für die Finanzierung der Ukraine bereitzustellen. Militärische Ukraine-Hilfen und die Vorbereitung zu einem direkten militärischen Konflikt mit Russland seien laut Medwedew untrennbar miteinander verbunden. Dazu schreibt er:
"Es ist notwendig, die Aufmerksamkeit der Wähler abzulenken, um die milliardenschweren Ausgaben für die schäbige Bandera-'Ukraine' zu rechtfertigen. Schließlich wird die riesige Geldsumme nicht für die Lösung der sozialen Probleme in diesen Ländern ausgegeben, sondern für den Krieg in einem sterbenden Land, das den Steuerzahlern fremd ist... Deshalb sagen die Staats- und Regierungschefs dieser Länder jeden Tag: Wir sollten uns auf einen Krieg mit Russland vorbereiten und der Ukraine weiterhin helfen. Und deshalb müssen wir mehr Panzer, Granaten, Drohnen und andere Waffen produzieren."
Die Begründungen für einen NATO-Russland-Krieg seien dabei erstunken und erlogen. Medwedew weiter:
"Wenn – Gott bewahre – ein solcher Krieg stattfindet, wird er nicht dem Szenario einer militärischen Sonderoperation folgen. Er wird nicht in Schützengräben mit Artillerie, gepanzerten Fahrzeugen, Drohnen und radioelektronischer Abwehr geführt werden."
Dafür, dass der Russland-NATO-Krieg auf konventionelle Art und Weise ausgetragen werden könnte, seien die Kräfteverhältnisse zwischen der NATO und Russland zu ungleich – die NATO sei ein riesiger Militärblock mit einem Militärhaushalt bis zu anderthalb Billionen Dollar und einer Bevölkerung von fast einer Milliarde Menschen. Aufgrund dieser Unvergleichbarkeit habe Russland keine andere Wahl als eine "asymmetrische Antwort" zu geben:
"Ballistische Raketen und Marschflugkörper mit speziellen Sprengköpfen werden eingesetzt, um die territoriale Integrität unseres Landes zu verteidigen."
Dieses Szenario sei in den "wohlbekannten" Dokumenten zur russischen Militärdoktrin festgehalten – "und das ist die sprichwörtliche Apokalypse. Das Ende von allem." Am Ende seiner Publikation wendet sich Medwedew mit scharfen Worten an die westlichen Politiker:
"Deshalb sollten die westlichen Politiker ihren Wählern die bittere Wahrheit sagen und sie nicht als hirnlose Idioten hinstellen. Erklären Sie ihnen, was wirklich passieren wird, und wiederholen Sie nicht das falsche Mantra der Kriegsbereitschaft gegenüber Russland."
Dmitri Medwedew verbreitet nicht zum ersten Mal solche Warnungen. So schrieb er im vergangenen Monat, dass Moskau jede Stationierung britischer Truppen in der Ukraine als "Kriegserklärung" betrachten werde. Mit diesen Worten reagierte er auf die Unterzeichnung des bilateralen Sicherheitsabkommens zwischen der Ukraine und Großbritannien. Medienberichten zufolge wird in wenigen Tagen ein ähnliches Abkommen zwischen Deutschland und der Ukraine unterzeichnet.
Deutsche militärnahe Experten spielen in den letzten Wochen und Monaten verschiedene Szenarien durch, wonach Russland und NATO in einen Krieg geraten. Dabei wird betont, dass nur Russland das NATO-Gebiet angreifen werde – beispielsweise im Baltikum – und nicht umgekehrt. Doch die Äußerungen des einstigen deutschen Politstars und Verteidigungsministers Karl-Theodor von und zu Guttenberg dazu lassen tief blicken. Ihm zufolge könne die NATO Russland mit der Entsendung seiner Truppen in die Ukraine und Angriffen auf russisches Territorium zum Krieg gegen die Militärallianz provozieren.
Einer seiner "Hypothesen" zufolge, könnten sich "plötzlich NATO-Truppen auf ukrainischem Gebiet befinden und proaktiv gegen russische Truppen kämpfen, und möglicherweise auch letztlich über die ukrainischen Grenzen auf russischem Boden kämpfen." Diese Eskalation könne dann zu einem russischen Angriff auf "mitteleuropäische Städte" führen. Weiter heißt es in einem Artikel der Bild:
"In einem solchen Fall könnte Putin dann laut Guttenberg sagen, dass der Westen die NATO involviert habe – 'in einen ursprünglich regionalen Krieg.'"
Das könnte dazu führen, "dass Putin plötzlich sagt‚ 'okay, dann richte ich mal meine Raketen auf mitteleuropäische Städte und zünde sie auch so.'"
Einer anderen ebenso auf den Bild-Seiten durchgespielten "Hypothese" zufolge könnte Russland versuchen, eine Landverbindung des Unionsstaates Russland–Weißrussland zu der russischen strategisch wichtigen Exklave Kaliningrad über den sogenannten Suwałki-Korridor im Grenzgebiet Polen–Litauen zu schaffen. Dafür müssten natürlich die NATO-Kräfte in dieser Gegend besiegt und beseitigt werden. Einen Kriegsgrund für Russland könnte dabei die Seeblockade Kaliningrads seitens der NATO-Staaten liefern – eine von den Regierungschefs im Baltikum bereits vorgeschlagene Option.
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