Von Andrew Korybko
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hat kürzlich eine Vereinbarung über die Stationierung einer Panzerbrigade in Litauen unterzeichnet, die in der Nähe der Grenzen des EU-Staates stationiert werden und bis 2027 voll einsatzfähig sein soll. Einen Monat zuvor hatte er bei der Vorstellung der neuen militärstrategischen Doktrin seines Landes erklärt: "Wir brauchen eine Bundeswehr, die sich verteidigen und Krieg führen kann, um unsere Sicherheit und unsere Freiheit zu verteidigen." Dieses Dokument baut auf dem Hegemonialmanifest des Bundeskanzlers Olaf Scholz vom Dezember 2022 auf.
Kurz nach der Veröffentlichung dieser Doktrin schlug der deutsche Logistikchef der NATO, Generalleutnant Alexander Sollfrank, die Schaffung eines sogenannten "militärischen Schengen" vor, um das Verbringen militärischer Ausrüstung innerhalb der EU zu erleichtern und zu "optimieren". Der spätere Abschluss des Panzerbrigadevertrags zwischen Deutschland und Litauen, der nicht überraschend kam, da er bereits seit dem Frühsommer diskutiert worden war, lieferte den Vorwand für die Beschleunigung dieser Pläne.
Damals war festgestellt worden, das von der NATO vorgeschlagene "Militärische Schengen" sei ein schlecht getarntes deutsches Machtspiel gegenüber Polen, das darauf abziele, die Rückkehr von Donald Tusk als ehemaliger polnischer Ministerpräsident und ehemals auch Präsident des Europäischen Rates an die Staatsspitze zu nutzen, um Polen als Stellvertreter unterzuordnen. Der konservativ-nationalistische Oppositionsführer Jarosław Kaczynski beschuldigte ihn aufgrund seiner engen Beziehungen zum Nachbarland, ein "deutscher Agent" zu sein, und warnte, Tusk plane, die polnische Souveränität an Deutschland abzutreten.
Beobachter sollten zur Kenntnis nehmen, dass Deutschlands Panzerbrigade-Abkommen mit Litauen erst nach der Amtsrückkehr von Tusk Mitte Dezember unterzeichnet wurde, was darauf schließen lässt, dass man in Berlin diesem Abkommen nicht vorher zustimmen wollte, da es der früheren Regierung bei den Wahlen im Oktober hätte Auftrieb geben können. Kaczynski hätte behaupten können, dass die 4.800 Soldaten und 200 Zivilisten, die dort bis 2027 stationiert werden sollen, nur über einen Transit durch Polen effizient versorgt werden könnten, und die Rechte dafür hätte seine Partei zumindest nur ungern gewähren wollen.
Um diese Pläne nicht schon vor einer ohnehin spannenden Wahl zum Blitzableiter einer Kontroverse zu machen, hatte die Führung in Deutschland wahrscheinlich beschlossen, die Unterzeichnung dieses Abkommens bis nach der Wahl von Tusk zu verschieben. In dem Fall, dass er verloren hätte, wären vielleicht sogar einige Details neu ausgehandelt worden. Da jedoch alles nach Plan lief, hat der deutsche Kollege Sollfrank seinen Vorschlag für ein sogenanntes "militärisches Schengen" strategisch so gewählt, dass das Ganze fast einen Monat, nachdem klar war, dass Tusk wieder an die Macht kommen würde, unterzeichnet wurde.
Die militärstrategische Doktrin Deutschlands wurde unmittelbar zuvor veröffentlicht, was mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls für die Zeit nach den polnischen Wahlen geplant war, um Kaczynski nicht noch ein weiteres Thema zu liefern, mit dem er seine Basis gegen Tusk aufwiegeln kann. Jetzt, da Tusk wieder im Amt ist, muss Deutschland seine hegemonialen militärischen Absichten nicht mehr verbergen, wie die Verkündung der neuen Doktrin, der Vorschlag des deutschen Kollegen Sollfrank sowie die neu vereinbarte deutsche Panzerbrigade in Litauen zeigen.
Wie bereits geschrieben, kann Deutschland seine 5.000 Mann starke Truppe in diesem baltischen Land nur über den Transit durch Polen effizient versorgen, daher rührt die Argumentation zur Beschleunigung der Pläne für ein "militärisches Schengen". Der Gedanke, dass deutsche Waffen, Ausrüstung und Munition auf dem Weg nach Litauen durch Polen rollen, ist jedoch aus der Sicht vieler konservativ-nationalistischer Polen völlig inakzeptabel, weil sie dies als ein starkes Symbol der deutschen Dominanz über ihr neuerlich unterworfenes Polen ansehen würden.
Wahrscheinlich suchte Tusk mit Blick auf solche Bedenken und den ebenfalls vorhersehbaren Widerstand gegen den neuen EU-Migrationspakt die Kontrolle über die polnischen Staatsmedien zu übernehmen, nachdem die konservativ-nationalistische Opposition diese über Jahre hinweg mit ihren Kadern besetzt hatte. Polens kontrovers diskutierte neue Haltung gegenüber Deutschland wie auch gegenüber illegaler Einwanderung, die sich sowohl durch das "militärische Schengen" als auch den Import zivilisationsfremder Personen manifestieren wird, erfordert aus Sicht von Tusk, das Geschehen von oben her medial zu begleiten.
Aufgelöst wurden diese Institutionen durch einen Streit zwischen dem liberal-globalistischen Tusk und dem konservativ-nationalistischen Präsidenten Andrzej Duda, der bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2025 im Amt bleiben wird. Damit ist die Opposition aber nun zumindest ihrer Sprachrohre beraubt. Der daraus resultierende Skandal um die Beschlagnahmung dieser Medien durch Tusk lenkte die Polen auch erfolgreich von den beiden neuen Punkten der Haltung seiner Regierung ab, die eingangs bereits näher erläutert wurden.
Tusk treibt also seine Agenda auf die eine oder andere Weise voran, da sich die staatlichen Medien auflösen werden, wenn Duda ihm nicht die Kontrolle über sie gewährt, während gleichzeitig auch noch zivilisationsfremde, illegale Einwanderer aus anderen EU-Ländern importiert werden und sich Deutschland wahrscheinlich auch noch "militärische Schengen"-Transitrechte sichert. Wenn im nächsten Jahr nichts Unerwartetes passiert, wird sich Deutschlands ideologische und militärische Dominanz über Polen voraussichtlich weiter verstärken, was auf Kosten der Souveränität des Landes gehen wird, genau wie es Kaczynski vorhergesagt hatte.
Übersetzt aus dem Englischen.
Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischen Balanceakt und hybride Kriegsführung spezialisiert hat.
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