EU-Parlamentswahlen: Borrell fürchtet Rechtsrutsch

Im kommenden Jahr finden die Wahlen zum EU-Parlament statt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fürchtet einen Rechtsrutsch. Die Wähler hätten Zukunftsangst und würden daher Populisten wählen. Verantwortlich dafür macht er Putin. Über eigene Fehler will man in der EU nicht diskutieren.

In einem Interview mit der britischen Tageszeitung The Guardian drückt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell seine Sorge vor den kommenden Wahlen zum EU-Parlament aus. Borrell fürchtet einen Rechtsrutsch. Die Sorgen der Wähler vor der Zukunft könnten sie im Verlangen nach Sicherheit rechten Populisten in die Arme treiben, fürchtet Borrell.

"Ich habe Angst vor der Angst, ich habe Angst, dass die Europäer wählen, weil sie Angst haben. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Angst vor dem Unbekannten und der Ungewissheit ein Hormon erzeugt, das eine Sicherheitsreaktion erfordert. Das ist ein Fakt", sagte Borrell in dem Interview.

Angesichts des Krieges in Nahost, vor allem aber durch den Krieg in der Ukraine seien die Menschen verunsichert. Putin bedrohe nicht nur die Ukraine, sondern die ganze EU, wiederholt Borrell eine von Politikern der EU und ihrer Länder vielfach vorgebrachte These. Es sei ein Kampf der Demokratie und der Freiheit gegen den Autoritarismus, behauptet er. 

"Vielleicht ist dies der Moment, in dem wir uns mit der Gefahr befassen müssen, die von einer Großmacht ausgeht, die unsere Demokratie bedroht, die Europa selbst bedroht, nicht nur die Ukraine."

Dass Russland allerdings die größte Gefahr für den Zusammenhalt der EU darstellt, ist mindestens fragwürdig. Der Journalist und Betreiber des Blogs Lost in Europe, Eric Bonse, sieht tieferliegende Probleme. Auf die Klimakrise, die Corona-Krise, den Ukraine-Krieg und nicht zuletzt die Flüchtlingskrise liefere die EU keine befriedigenden Antworten. Zwar würde sich die EU umfassend selbst loben, das könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass vom ursprünglichen Wachstums- und Wohlstands-Versprechen der EU faktisch nichts mehr übrig sei. 

Bedenklich sei, dass sich EU-Parlamentarier die dringend notwendige Kritik an der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen selbst verbieten, aus Angst, damit der AfD in die Hände zu spielen. 

"Das Misstrauen hat den innersten Zirkel der EU erfasst – doch psst: Wer das ausspricht, ist ein EU-Gegner – oder mindestens ein böser 'Populist' im Solde Putins bzw. der Hamas", schreibt Bonse.

Die EU-Eliten würden sich in einer Wagenburg verschanzen und sich gegenüber Kritik abschotten. Kaum ein Politiker der EU steht für die vollkommene Selbstabschottung vor der Realität wie der EU-Außenbeauftragte Borrell. Im Interview mit dem Guardian sagt er

"Wir sind ein Magnet für Hunderttausende, die in Europa leben wollen. Und es ist leicht zu verstehen, warum, wenn wir unseren Lebensstandard vergleichen. Wir sind die beste Kombination aus politischer Freiheit, wirtschaftlichem Wohlstand und sozialem Zusammenhalt, die die Menschheit je schaffen konnte."

Besser als mit diesen Sätzen ließe sich kaum ausdrücken, dass Bonse recht hat und sich die EU-Eliten inzwischen vor den Tatsachen und Herausforderungen gut verschanzt haben.  

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