Nur eine Woche nach ihrem Amtsantritt hat die neue polnische Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk am Mittwoch die Führungsriegen der staatlichen Medien entlassen. Das Fernsehen wurde daraufhin auf Anweisung der Regierung vorübergehend abgeschaltet. In den nächsten Tagen wird ein größerer personeller Umbau auch unterhalb der Führungsebene erwartet.
In einer Mitteilung des Kulturministeriums hieß es, alle Vorsitzenden und Vorstandsmitglieder des staatlichen Fernsehens TVP, des Polnischen Rundfunks sowie der Nachrichtenagentur PAP seien abgesetzt worden. Das Ministerium berief sich auf eine Resolution des Parlaments, in der von der "Wiederherstellung der Unparteilichkeit der öffentlich-rechtlichen Medien" die Rede ist.
Die Kündigungen erfolgten nach Angaben von Betroffenen fristlos. Der frühere Ministerpräsident Mateusz Morawiecki von der nun oppositionellen PiS nannte die Enlassungen in einem Post auf X rechtswidrig und warf der EU-freundlichen Tusk-Regierung vor, Polen in eine Diktatur zu verwandeln. Er schrieb:
"Die rechtswidrigen Handlungen des Kulturministers in Bezug auf TVP, den Polnischen Rundfunk und die PAP zeigen, wie die Behörden, denen die Rechtsstaatlichkeit angeblich am Herzen liegt, diese auf Schritt und Tritt verletzen. Und sie regieren erst seit einer Woche ... Wir werden nicht aufgeben. Wir werden nicht zulassen, dass in Polen eine Diktatur errichtet wird."
Im Anschluss an die Entscheidung der Regierung kam es zu tumultartigen Szenen. Sympathisanten der betroffenen Anstalten und Angestellte verschanzten sich im Sendegebäude, wurden jedoch gewaltsam vom Sicherheitsdienst entfernt. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen ein Großaufgebot der Polizei am Hauptsitz von TVP.
Die Regierung erklärte den radikalen Umbau damit, dass die PiS-Regierung die staatlichen Medien zu Propagandaorganen umbaut habe. Der deutsche Mainstream kommentiert die Maßnahmen mit Verständnis. Kritiker verweisen darauf, dass die privaten polnischen Medien sympathisierten und der jetzige radikale Umbruch bei den Staatsmedien der Meinungsvielfalt in der polnischen Medienlandschaft ein Ende bereiten könnte.
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