Mit dem Verbot von RT und Sputnik im vergangenen Jahr hatte sich die EU-Kommission bereits selbst zur obersten Medienaufsicht in der Europäischen Union ermächtigt. Im antirussischen Taumel innerhalb der EU ging diese Machtausweitung der Kommission weitgehend unter. Die Mitgliedsländer der EU waren offenbar widerspruchslos bereit, diese Vertragsverletzung der EU-Kommission hinzunehmen und setzten das Verbot russischer Medien um. Laut den EU-Verträgen liegt die Medienaufsicht aber nicht bei der EU-Kommission, sondern bei eigenständigen Organen innerhalb der Mitgliedsstaaten.
Was aber einmal geklappt hat, ermuntert zur Wiederholung. Es war abzusehen, dass die EU-Kommission die einmal ergriffenen Befugnisse nicht wieder einfach aus der Hand geben wird.
Mit dem "Medienfreiheitsgesetz" übernimmt die Kommission in Brüssel faktisch die Kontrolle über die Medien in allen Mitgliedsländern der EU. Dafür hat sie mit dem Digital Service Act bereits die Aufsicht über die sozialen Netzwerke an sich gerissen. Das Vorgehen gegen X (vormals Twitter) ist ein Vorgeschmack darauf, was nicht nur den Usern, sondern auch den Medien in der EU nun bevorsteht. In Brüssel wurde bereits ein Verfahren gegen den Kurznachrichtendienst wegen angeblicher Falschinformationen zum Nahost-Konflikt eröffnet.
Bereits Anfang Dezember hatte EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen Thierry Breton den neuen Eigentümer Elon Musk der Plattform X vor zu viel Meinungsfreiheit in seinem Netzwerk gewarnt. Musk hatte sich geweigert, nach seiner Übernahme des Konzerns wieder freigeschaltete Informationen und Personen erneut zu blockieren. Das hat nun Konsequenzen.
Nun greift die EU-Kommission auch noch nach der Medienkontrolle. Eine eigene Behörde soll zudem darüber entscheiden, was zulässiger Journalismus sei und was nicht.
Damit würde in Brüssel umfassend die Meinungs- und Pressefreiheit reglementiert werden. Noch einmal zur Erinnerung: Presse- und Meinungsfreiheit bedeutet, dass der Staat nicht darüber entscheidet, was zulässige Informationen sind. Die EU-Kommission will mit diesem zentralen demokratischen Grundsatz brechen.
Vorgeblich geht es ihr um den Schutz vor Desinformation. Darüber hinaus gibt die EU-Kommission vor, mit einer einheitlichen Regelung für den Binnenmarkt die Pressefreiheit vielmehr zu schützen. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Überlegungen zu einer eigenen Medienaufsichtsbehörde der Kommission zeigen.
Übrigens hatte niemand die Kommission um solch eine "Initiative" gebeten. Weder Journalisten noch Verlage sahen irgendwelchen Handlungsbedarf, die Regeln innerhalb der Europäischen Union zu vereinheitlichen oder gar zentral durch die EU-Kommission zu kontrollieren. Die EU-Kommission erweitert eigenmächtig ihre Kompetenzen und vertieft ihre Strukturen im Sinne staatlicher Hoheitsrechte, ohne ihre bereits bestehenden Demokratiedefizite zu beheben. Die EU samt ihrer Kommission wird so immer mehr zu dem, dem sie sich eigentlich zu widersetzen vorgibt: zu einem autokratischen, repressiven System.
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