Michail Podoljak, einer der wichtigsten Berater des umstrittenen ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, hat Probleme bei der Mobilisierung neuer Soldaten eingeräumt. Außerdem kündigte Podoljak an, dass Kiew seine Propagandakampagne zu diesem Thema verfeinern werde.
Im ukrainischen Fernsehen wurde Podoljak am Freitag gebeten, sich zu einer kürzlichen Razzia ukrainischer Beamter und Angehöriger der Streitkräfte in einem Fitnessstudio in der Westukraine zu äußern. Dort wurden allen anwesenden Männern Einberufungsbescheide ausgehändigt.
In den vergangenen Monaten häuften sich Vorfälle, bei denen potenzielle Wehrpflichtige in Einkaufszentren, Restaurants und anderen öffentlichen Orten von Rekrutierern des Militärs überfallen wurden.
Der hochrangige Berater verteidigte die Wehrpflicht und beschuldigte widerstrebende Ukrainer, zwar "in einem freien Staat leben zu wollen, in dem man sich benehmen kann, wie man will, aber nicht die Rechte schützen zu wollen, die man liebt". Weiter sagte Podoljak, dass sich die Situation bei einem russischen Sieg drastisch ändern werde.
Podoljak sagte auch, dass Kiew beabsichtige, "das Propagandaelement der Mobilisierungsprozeduren" zu ändern. Er erklärte, dass viel davon abhänge, ob die Regierung diejenigen für sich gewinnen könne, "die nicht wirklich verstehen, was der Krieg ist und welche Folgen er haben kann, wenn er nicht auf die richtige Art und Weise beendet wird".
Die Ukraine kündigte kurz nach Beginn des Konflikts mit Russland im Februar 2022 eine allgemeine Mobilmachung an, in deren Zuge den meisten Männern im Alter von 18 bis 60 Jahren die Ausreise verwehrt wurde. Die Wirkung der Wehrpflicht wurde jedoch durch die grassierende Korruption und die beträchtliche Anzahl von Wehrdienstverweigerern beeinträchtigt.
Nach Angaben der BBC sind rund 20.000 potenzielle Wehrpflichtige aus dem Land geflohen, um nicht an die Front geschickt zu werden. In Westeuropa befinden sich Hunderttausende Ukrainer im wehrfähigen Alter.
Ende November kündigte Selenskij einen neuen "komplexen Mobilisierungsplan" an, ohne Details zu nennen. Alexej Danilow, der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, signalisierte, dass Kiew Verträge mit privaten Rekrutierungsfirmen unterzeichnet habe, um diejenigen anzulocken, die sich bisher verweigern. Zuvor hatte der Beamte gesagt, dass während des Konflikts mit Russland jeder ukrainische Bürger "im Krieg kämpfen oder einen Dienst leisten muss".
Der russische Auslandsgeheimdienst SWR teilte im vergangenen Monat mit, dass Kiews westliche Unterstützer der Ukraine geraten hätten, das Mindestalter für die Wehrpflicht auf 17 Jahre zu senken und das Höchstalter auf 70 Jahre zu erhöhen sowie mehr Frauen einzuberufen.
Kiews Vorstoß, seine Personalprobleme in den Griff zu bekommen, erfolgt inmitten einer stockenden Gegenoffensive, die im Frühsommer begann, aber nicht wesentlich an Boden gewonnen hat. Moskau hat die Verluste der Ukraine als verheerend bezeichnet.
Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu erklärte, Kiew habe in den letzten sechs Monaten über 125.000 Soldaten verloren. Er fügte hinzu, dass westliche Waffenlieferungen und die Entscheidung der Ukraine, ihre strategischen Reserven für den Kampf einzusetzen, "die Zahl der Opfer nur erhöht haben".
Mehr zum Thema - Schoigu: Kiew verliert bei Gegenoffensive mehr als 125.000 Mann und 16.000 Waffen jeder Art