Die Erdgasleitung TurkStream verläuft von Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei. Über diese Pipeline fließen derzeit Rekordmengen Gas, nicht nur in die Türkei, sondern auch weiter nach Europa. Ihre Kapazität von 31,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas jährlich wird hälftig je für den türkischen und den europäischen Bedarf genutzt. Insbesondere Serbien und Ungarn profitieren von der Leitung, wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) melden.
Angesichts des heftigen Wintereinbruchs in Südosteuropa erhält TurkStream eine zunehmend wichtige Rolle für eine sichere Energieversorgung. Allerdings hat im Zuge des Krieges in der Ukraine die Bedrohung der Leitung ständig zugenommen (RT DE berichtete). Die DWN verweisen auf den Fall eines russischen Kriegsschiffs, das im Mai 2023 zur Bewachung von TurkStream eingesetzt war und von ukrainischen Seedrohnen angegriffen wurde. Ein ähnliches Vorkommnis habe sich im Juni ereignet.
German Galuschtschenko, der Energieminister der Ukraine, habe während eines Besuchs in Washington gegenüber US-Regierungsvertretern und Kongress-Abgeordneten in diesem Monat erklärt, dass die Ukraine in Erwägung ziehen könne, russische Einrichtungen des Erdöl- und Erdgas-Sektors anzugreifen, falls die russische Seite in diesem Winter ihre Angriffe auf das ukrainische Stromnetz verstärken sollte. Dies "wäre nur fair", so Galuschtschenko zu Politico.
Ein Angriff auf TurkStream würde sich – vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges – in eine Reihe von teils misslungenen, teils 'erfolgreichen' Anschlägen auf die russische Energieinfrastruktur einfügen. Der gravierendste Anschlag war bisher die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines Ende September 2022.
Während des diesjährigen Treffens des internationalen Waldai-Diskussionsforums habe der russische Präsident darauf hingewiesen, dass US-Präsident Joe Biden lange zuvor öffentlich erklärt hatte, den Export russischer Energieträger über Pipelines zu unterbinden. In diesem Zusammenhang erinnerte Putin daran, dass ein Leitungsstrang von Nord Stream 2 noch intakt sei und für Gaslieferungen nach Deutschland genutzt werden könne. Die Entscheidung darüber liege allein bei Berlin. Laut DWN habe Putin hinzugefügt:
"Sie entscheiden heute – morgen öffnen wir das Ventil und das Gas ist auf dem Weg. Aber sie werden das nicht tun, zum Schaden ihrer eigenen Interessen, weil, wie wir sagen, 'ihre Chefs in Washington' das nicht zulassen werden."
Der russische Präsident hatte sich in diesem Zusammenhang auch besorgt über einen weiteren möglichen "Akt des internationalen Terrorismus" wie gegen die Ostsee-Leitungen, diesmal gegen TurkStream, geäußert. Die Ukraine würde "allem Anschein nach" planen, die Schwarzmeer-Pipeline zu beschädigen. So würden "ständig" die beiden Stränge dieser Leitung von unbemannten Drohnen angegriffen. Putin betonte:
"Wir haben sie über Funk abgehört: Wo immer diese unbemannten Halbtaucherboote vorbereitet werden, hören wir englische Sprache."
Auf den Rückgang des Erdgas-Transits nach Europa durch die Ukraine reagiert Russland mit dem Ausbau seiner Flüssiggas-Infrastruktur. Dies ermöglicht nicht nur den Absatz in andere Regionen der Erde. Auch die EU habe noch nie so viel russisches LNG importiert wie in diesem Jahr.
Wie die DWN feststellen, verhindert die Türkei während des laufenden Ukraine-Konflikts bisher die Durchfahrt von NATO-Kriegsschiffen durch ihre Meerengen in das Schwarze Meer. Ein Admiral der türkischen Marine habe erklärt, die USA sollten das "Schwarze Meer nicht in einen Nahen Osten verwandeln". Die Türkei bestehe darauf, dass der Vertrag von Montreux (1936) eingehalten werde.
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