Von Alex Männer
Der unerbittliche Kurs der moldawischen Führung in Richtung eines EU- und NATO-Beitritts Moldawiens hat bei den vergangenen Kommunalwahlen einen deutlichen Dämpfer erlitten. Die Regierungspartei "Aktion und Solidarität" (PAS) – der auch die Präsidentin der Republik Moldau Maia Sandu angehört – ging aus den zwei Wahlgängen als der große Verlierer hervor, wogegen die Oppositionsparteien mehrheitlich gewinnen konnten.
Bereits bei der Abstimmung in der ersten Wahlrunde am 5. November, bei der es um 895 Bürgermeisterämter und etwa 11.000 kommunalpolitische Führungsämter ging, erfuhr die PAS insgesamt eine bittere Niederlage. Ihre Kandidaten für Bürgermeister und Landräte wurden von den Wählern nämlich mit klarer Mehrheit abgelehnt. Hingegen sind die Oppositionsparteien in Hunderten von Städten und Gemeinden als Sieger hervorgegangen.
Laut Angaben der Zentralen Wahlkommission Moldawiens konnten gleich beim ersten Wahlgang 622 Kandidaten für ein kommunales Amt eine 50-Prozent-Mehrheit erreichen. Im Gegensatz zur Stimmenabgabe in den übrigen 273 Städten und Gemeinden, weshalb dafür eine zweite Runde angesetzt wurde.
Auch bei diesem zweiten Urnengang, der am vergangenen Sonntag stattfand, ist die Partei der Präsidentin nahezu sang- und klanglos untergegangen. So hat sie zum Beispiel die Wahlen in 30 der 36 Städte verloren, darunter in der Hauptstadt Chișinău und in der zweitgrößten Stadt Bălți. Insgesamt hat die PAS bei diesen Kommunalwahlen 32,8 Prozent der Stimmen gewonnen, was 291 der 895 Spitzenposten entspricht. Dabei konnte sie dieses Mal nur 305.000 Wählerstimmen auf sich vereinen – was ein dramatischer Rückgang im Vergleich zu den letzten Kommunalwahlen ist, bei denen die Regierungspartei noch knapp 600.000 Stimmen erreichte.
Als stärkste oppositionelle Kraft ist die "Partei der Sozialisten der Republik Moldau" aus den Kommunalwahlen hervorgegangen. Laut der Wahlkommission bekamen die Sozialisten 16 Prozent der Stimmen und 144 Führungsämter. 16 Vertreter dieser Partei wurden demnach Bürgermeister einer Stadt, von denen zehn Städte Bezirkszentren sind.
Zu betonen ist, dass dieses Ergebnis trotz einer rigorosen Kampagne zur Unterdrückung der Opposition durch die Regierung zustande kam. Dabei wurden im Vorfeld der Wahlen unter anderem zahlreiche Aktivisten diverser Oppositionsparteien verhaftet, wie russische Medien berichteten. Nach Angaben der OSZE sollen mehrere Dutzend oppositioneller Online-Medien sowie sechs Fernsehsender abgeschaltet worden sein. Am Vortag des Urnengangs sind zudem noch sämtliche Kandidaten der Partei "Chance" von den Wahlen ausgeschlossen worden. Dieses Vorgehen der moldawischen Behörden haben sowohl die Wahlbeobachter von der OSZE als auch andere internationale und inländische Wahlbeobachter öffentlich kritisiert.
Ebenfalls ist hervorzuheben, dass diese Wahlen – auch wenn es sich dabei "nur" um Kommunalwahlen handelte – in politischer Hinsicht von großer Bedeutung sind: Zum einen war es ein Stimmungstest für die nächsten Präsidentschaftswahlen, die im kommenden Jahr abgehalten werden sollen. Zum anderen war es vor allem ein Votum über den prowestlichen Kurs von Staatschefin Sandu. Insofern ist das Resultat definitiv als eine Niederlage dieser Politikerin im derzeit höchsten Amt zu werten, die selbst übrigens auch die rumänische Staatsbürgerschaft besitzt und als bekennende Befürworterin sowohl des EU- als auch des NATO-Beitritts ihres Landes seit Jahren alles daran setzt, die Annäherung Moldawiens an den Westen fortzuführen – selbst unter Missachtung der Meinung des moldawischen Volkes.
Die Bevölkerung indes ist bei der Frage zum künftigen Kurs Moldawiens nach wie vor gespalten, wie diese Wahlen erneut gezeigt haben. Denn auch mehr als 30 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion sieht ein Teil der moldawischen Gesellschaft die Zukunft des Landes in Europa, während der andere Teil sich eine weitere Annäherung an Russland wünscht. Innenpolitisch stellt es die Führung in Chișinău sowie Moldawien insgesamt weiterhin vor enorme Herausforderungen.
Im Übrigen ist diese Spaltung auch keine gute Grundlage für etwaige Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union. Die EU hatte Chișinău im vergangenen Jahr den Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt, was Sandu als ihren außenpolitischen Erfolg zu verkaufen versucht. Zudem hat die EU-Kommission Moldawien (sowie der Ukraine und sechs weiteren Staaten) vor Kurzem sogar ihre Empfehlungen bezüglich eines EU-Beitritt ausgesprochen. Allerdings zeigt selbst eine jüngst veröffentlichte EU-interne Studie, dass eine derartige Erweiterung der Staatengemeinschaft nicht stattfinden dürfte. Denn die Studie sieht die EU vor dem Dilemma stehen, "ein Ziel zu erreichen, das sowohl notwendig als auch unmöglich ist". Dasselbe dürfte inzwischen auch für Sandu im Hinblick auf ihre EU-Ambitionen gelten.
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