Die EU isoliert sich nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich immer weiter. Nachdem Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit den Ländern des MERCOSUR sowie mit Indien und Indonesien feststecken, ist ein geplantes Abkommen mit Australien nun konkret gescheitert. Australien hat die Gespräche in der vergangenen Woche abgebrochen. Das von der EU großspurig angekündigte Vorhaben, sich aus seiner Abhängigkeit von Russland und China befreien zu wollen, gerät in immer weitere Ferne.
Gescheitert sind die Verhandlungen mit Australien an der unnachgiebigen Haltung der EU hinsichtlich der Öffnung ihres Marktes für australische Agrarprodukte. Dazu war Brüssel nicht bereit. Noch im August hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) große Hoffnung auf eine intensivere Handelsbeziehung mit Australien gesetzt. Australien verfügt über große Lithium-Vorkommen. Lithium ist zentraler Bestandteil in Batterien und daher für die Verkehrswende unabdingbar. Baerbock hoffte, dass sich Deutschland über eine engere Kooperation mit Australien aus der Abhängigkeit von Lithium-Lieferungen aus China befreien könnte. Daraus wird jetzt absehbar nichts.
Für die deutsche Industrie ist dies eine schlechte Nachricht, zumal auch das Abkommen mit den Ländern des MERCOSUR vor dem Scheitern steht. Auch in Bolivien finden sich große Lithium-Vorräte. Deutschland hat sich auch hier intensiv um eine Kooperation bemüht und zu diesem Zweck mit der bolivianischen Putsch-Regierung zusammengearbeitet, die den damaligen Präsidenten Evo Morales wegen angeblichen Wahlbetrugs aus dem Land vertrieben hatte. Nachdem der Parteifreund Morales', der Sozialist Luis Arce, 2020 ins Präsidentenamt gewählt wurde, bekamen den Zuschlag für die Kooperation im Lithium-Bereich schließlich Russland und China. Deutschland hatte das Nachsehen.
Ausschlaggebend dafür, dass das Handelsabkommen mit den Ländern des südamerikanischen Wirtschaftsbündnis auf Eis liegt, sind aber vor allem die Anordnungen der EU hinsichtlich des Schutzes des Regenwaldes, die im Falle eines Verstoßes der EU Sanktionen gegen das betreffende Land erlauben würde. Die Länder des MERCOSUR empfinden das als Schikane.
Die deutsche Wirtschaft kritisiert die Verhandlungspraxis der EU inzwischen heftig. Die deutsche Wirtschaft ist besonders auf Export orientiert, dabei aber auf den Import von Rohstoffen und Vorprodukten angewiesen.
Durch die Russland-Sanktionen und den politischen Druck auf Produzenten, den russischen Markt zu verlassen, ist das Russlandgeschäft für viele Branchen faktisch zum Erliegen gekommen. Hiervon ist die Automobilindustrie und der Maschinenbau in besonderer Weise betroffen. Die entstandenen Nischen nach dem Rückzug deutscher Hersteller vom russischen Automobilmarkt besetzen inzwischen chinesische und russische Hersteller. Inzwischen geht auch der Handel zwischen Deutschland und China deutlich zurück und das, obwohl andere Länder ihren Handel mit China nach wie vor ausweiten.
Wirtschaftsvertreter kritisieren vor allem die Verbindung von Handelsabkommen mit anderen Themen. Die EU, aber auch Deutschland verknüpfen Handelsvereinbarungen oft mit aktiver politischer Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder zur Durchsetzung einer westlichen Agenda. Dies wird oft als kolonialistisch und bevormundend empfunden. Mit dem Auftauchen anderer Akteure, die kooperativer auftreten, wenden sich die Länder diesen Staaten zu. Die EU müsse "runter vom hohen Ross" kommen, kommentiert in diesem Zusammenhang etwa das Handelsblatt. Ob das mit dem aktuellen politischen Personal gelingen kann, ist jedoch mehr als fraglich.
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